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Im Kinderschutzzentrum von Plan International finden auch ärztliche Konsultationen sowie psychosoziale und juristische Beratungen statt. Familie Martinez aus Venezuela profitiert davon. © Plan International/Anika Büssemeier
Im Kinderschutzzentrum von Plan International finden auch ärztliche Konsultationen sowie psychosoziale und juristische Beratungen statt. Familie Martinez aus Venezuela profitiert davon. © Plan International/Anika Büssemeier
14.08.2019 - von Marc Tornow

Schwerer Stand für Venezuelas Migrierte

Kaum beachtet von der Weltöffentlichkeit sind 1,5 Millionen Menschen aus Venezuela in das Nachbarland Kolumbien geflohen. Während sie auf der Suche nach Nahrungsmitteln und medizinischer Versorgung sind, fehlt es ihnen im Exil an Schutz, für den Plan International eintritt.

Das Viertel Villas del Tejar in der Grenzstadt Cúcuta könnte Schauplatz für ein geruhsames Leben sein. Abseits einer lärmenden Fernstraße und erhöht auf Hügelketten weht jetzt am Nachmittag eine erfrischende Brise aus den majestätischen Ausläufern der Anden-Kordilleren. Doch die meisten Straßen sind nicht geteert. Entlang der Wege, über die roter Sand wirbelt, stehen kaum Steinhäuser, sondern hölzerne Hütten.

Flucht zwischen den Welten

Tausende, Zehntausende Menschen aus Venezuela haben allein in diesem Viertel auf der kolumbianischen Seite des weitläufigen Tals Quartier bezogen. Oft teilen sich ein Dutzend oder mehr Personen einen einzigen Raum. Keiner weiß, wie viele es wirklich sind und wo genau sie untergekommen sind. Nur die wenigsten sind registriert und verfügen über Reisepässe, die eine freie Passage erleichtern würden.

Familie Martinez ist eine von ihnen. Drüben in Venezuela betrieben sie eine Backstube, hatten ein Stück Land mit einem Wochenendhaus darauf. Das alles ist Geschichte, seit es in dem Nachbarland nicht nur an den Zutaten für Brot mangelt, die Versorgung mit Nahrungsmitteln ist insgesamt zusammengebrochen und täglich fallen in Venezuela Wasser und Strom aus.

Kleines Glück in Cúcuta

Nun im kolumbianischen Cúcuta angekommen, nennen sie drei Räume samt Garten ihr kleines Glück. Zumindest solange sie noch die monatlich fälligen 104 Euro für Miete und Strom aufbringen können. Irgendwie. Während Mutter Veronica und ihre Töchter alles unternehmen, um ein paar Pesos zu verdienen, spielen die Jüngeren im benachbarten Kinderhort und -schutzzentrum von Plan International. An bunten Tischen wird gebastelt und gemalt, drei Tage die Woche, morgens und nachmittags. Auch Mahlzeiten gibt es dann für die Kleinen.

Doch es geht um mehr. Immer wieder veranstalten die Erzieherinnen und Jugendpädagogen im Auftrag von Plan International spielerische Sitzungen über den Kinderschutz. Sie diskutieren mit den Mädchen und Jungen das Thema Selbstwertgefühl, um die Kleinsten auf ihrem steinigen Weg im Exil zu stärken. Und um zum positiven Zusammenleben von Menschen aus Venezuela sowie Kolumbien beizutragen.

An den übrigen Tagen finden in den Räumen medizinische Konsultationen statt, sie stehen auch armen kolumbianischen Familien aus dem Viertel offen. Neben Schwangerschaftsberatungen, Ernährungsinformation sowie allgemeinen Gesundheitschecks gibt es für die Geflüchteten auch psychologische Betreuung, um die traumatisierenden Erlebnisse der Migration, die Gefahren von kriminellen Banden, die entlang der Grenze zwischen Kolumbien und Venezuela agieren, verarbeiten zu können.

Heute Nachmittag sind die Mädchen und Jungen dran, es ist die Zeit für den Kinderhort. Die Kleinen verbringen geschützt, abseits der lärmenden Fernstraße und Hütten, ihre Freizeit. Das Auswärtigen Amt unterstützt mit 700.000 Euro dieses Plan-Projekt und damit auch Gutscheine für Hygieneartikel sowie Kits für Schwangere. Insgesamt 9.000 Menschen erreichten wir allein in Cúcuta – für Familie Martinez und viele Nachbarn hier oben in Villas del Tejar ein überlebenswichtiges Angebot, zu dem Plan International begleitend auch Ernährungsgutscheine für mittellose Geflüchtete vergibt.

Weitere Hilfe benötigt

Noch immer kommen täglich Tausende Flüchtende über die Grenze von Venezuela nach Kolumbien. Über den Nothilfe-Fonds kann unsere Arbeit für diese Kinder und Familien unterstützt werden.