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Wenn Mädchen und Frauen bei Frauen Binden kaufen können, schämen sie sich nicht so sehr, wie bei männlichen Verkäufern. © Plan International
Wenn Mädchen und Frauen bei Frauen Binden kaufen können, schämen sie sich nicht so sehr, wie bei männlichen Verkäufern. © Plan International
26.07.2018 - von Lara Betz

Luckys Laden bricht mit Tabus und schädlichen Praktiken

Über Menstruation zu reden, ist in Bangladesch ein Tabu. Viele Mädchen schämen sich für ihre Periode und trauen sich nicht, Binden zu kaufen. Deshalb hat Lucky „SaniMart“ gegründet - einen Laden, in dem Mädchen Binden und Hygieneartikel herstellen und verkaufen. Dies ermöglicht es Mädchen nicht nur, während ihrer Periode zur Schule zu gehen, sondern schafft ihnen auch ein eigenes Einkommen.


In dem Bezirk Barishal in Bangladesch, in dem die 40-jährige Lucky mit ihren drei Kindern lebt, wird kaum über das Thema Menstruation gesprochen. Die meisten Mädchen und Frauen können sich gar keine Binden leisten, weil sie zu teuer sind. Stattdessen verwenden sie alte Stoffstücke, die das Blut jeden Monat aufnehmen.

Und auch wenn sie sich die Binden leisten können, ist es ihnen unangenehm, sie zu kaufen. „Sie schämen sich dabei, weil die Verkäufer meistens männlich sind. Außerdem ist es vielen Frauen in den ländlichen Gebieten peinlich, die mehrfach verwendbaren Binden nach dem Auswaschen in der Sonne trocknen zu lassen. Dadurch bleiben die Tücher feucht, was beim erneuten Benutzen oft zu Infektionen führt“, sagt Lucky.

Menstruationstabu und Schulabbruch

Aufgrund dieser Problematik gehen viele Mädchen aus Scham während ihrer Periode nicht zur Schule. In vielen Ländern sind die Schulen nicht ausreichend für Mädchen während ihrer Periode eingerichtet. So fehlen unter anderem saubere und getrennte Toiletten und ein Ort, an dem die Mädchen die benutzen Binden waschen oder entsorgen können.

Wenn Mädchen jeden Monat bis zu vier Tagen nicht zur Schule gehen, verpassen sie viele Unterrichtsstunden und bekommen schlechte Noten. Mit der Zeit verlassen sie die Schule, weil sie demotiviert sind. In der Folge machen sie keinen Schulabschluss, verdienen kein eigenes Einkommen und laufen Gefahr, bereits im Kindesalter verheiratet zu werden.

Gegen Kinderheirat ankämpfen

Lucky selbst heiratete im Alter von 14 Jahren. Aber nun ist sie entschlossen, diese Praktik zu ändern. Lucky führt einen kleinen Laden, bei einem gut erreichbaren Markt, genannt SaniMart. Dort verkauft sie bezahlbare Damenbinden, Waschmittel, Seife, Toilettenreiniger, Bürsten, Zahnbürsten und Zahnpasta sowie eine Erste-Hilfe-Ausrüstung. Außerdem stellt sie ihren Kundinnen und Kunden eine saubere Toilette zur Verfügung.

Der „SaniMart“ macht Lucky nicht nur finanziell von ihrem Mann unabhängig, sondern bindet auch Mädchen aus der Umgebung ein und gibt ihnen die Möglichkeit,  ihr eigenes Einkommen zu verdienen. So ist es ihnen möglich, ihren Bildungsweg fortzusetzen.

Die Mädchen arbeiten und leiten den Laden, wenn sie Zeit haben. Menschen aus der Gegend- vor allem junge Mädchen und Frauen - besuchen den Laden, um Binden zu kaufen. Hier ist es ihnen nicht so unangenehm, wie bei männlichen Verkäufern.

Der „SaniMart“ verkauft nicht nur Hygieneartikel - Lucky und ihre Assistentinnen produzieren diese auch in dem Laden. Plan International half Lucky bei der Gründung ihres Ladens, indem die Organisation die notwendigen Materialien stellte. Dazu gehörten eine Heißmangel, ein Trockner, eine Fertigungsmaschine, eine Nähmaschine, sowie Baumwolle, Verbandsmull und Bandagen. Lucky lernte von Plan International, wie sie die Maschinen bedienen kann.

Unternehmertum und Stärkung der Eigenverantwortlichkeit von Mädchen

Frauen und Mädchen werden durch den „SaniMart“ wirtschaftlich unabhängig und werden so in die Lage versetzt, selbst über sich und ihre Gesundheit zu entscheiden. Die Mädchen, die in dem Laden arbeiten, regen andere Ladenbesitzer, Apotheken, Schulen und Universitäten dazu an, ihre Sanitärartikel dort zu kaufen. Durch diese Werbung und Aufklärungsarbeit der Mädchen, liefern sie nun Binden an 138 Schulen, zwölf Apotheken und viele Läden und Kliniken, sowie direkt an Frauen und Mädchen.

Die Tatsache, dass Mädchen öffentlich den Kauf und die Nutzung von Damenbinden bewerben, ist ein positiver Schritt zur Ermächtigung von Mädchen.

„Ich konnte 15 jugendliche Mädchen davon überzeugen, bei mir zu arbeiten“, sagt Lucky. „Jetzt produzieren wir 1.700 Binden pro Woche und machen damit einen Profit von 4460 Taka [55 US-Dollar]. So erhalte ich ein gutes Einkommen, und wir hoffen, dass diese kleine Initiative eines Tages zu einem größeren Unternehmen wird.“

Mädchen zurück zur Schule bringen

Seit der Laden eröffnet wurde, erleichtert er es Mädchen, während ihrer Periode zur Schule zu gehen. Jetzt, da Damenbinden bezahlbar und für sie so viel besser zugänglich sind, fühlen sie sich wohler, während der Menstruation aus dem Haus zu gehen, und gehen dadurch auch wieder ganz normal zur Schule, was sich positiv auf ihre ganze Zukunft auswirkt. Sie fühlen sich selbstsicherer und sind entschlossen, ihre Bildung weiterzuführen.

Lucky und Plan International hoffen, dass der „SaniMart“ letztendlich zu der sozialen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit der Mädchen beitragen und Kinder-, Früh- und Zwangsheiraten verringern wird, da mehr Mädchen in der Schule bleiben möchten, um ihre Bildung abzuschließen.

Von der Baumwolle zur Damenbinde - diese Bilderstrecke zeigt, wie die Mädchen die Binden herstellen: