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Die Kinder freuen sich über den von Plan gebauten Brunnen © Maike Röttger/Plan
15.07.2016 - von Sara Flieder

Wer Wasser hat, ist ein glücklicher Mensch

Blog von Maike Röttger

 

Im Norden Deutschlands, der Region in der ich lebe, reden die Menschen gern über das Wetter. Wenn es eine Woche nicht regnet, beginnen die Sorgen.


Bauern fürchten um die Ernte, Gärtner um die Blumen, Fußballvereine um den Rasen

Bauern fürchten um die Ernte, Gärtner um die Blumen, Fußballvereine um den Rasen. In einigen Teilen Äthiopiens hat seit drei Jahren nicht geregnet. Das Wetterphänomen El Nino und der Klimawandel lässt Menschen und die Natur leiden. Auf stundenlangen Autofahrten durch ausgetrocknete Canon-Landschaften im Norden Äthiopiens wird mir einmal mehr deutlich, wie stecknadelgroß unsere Sorgen sind. Während ich zu Hause den Wasserhahn aufdrehe, stellen sich diese Menschen dem täglichen Überlebenskampf, in dessen Zentrum allein der Zugang zu Wasser steht. Ich blicke in viele leere Augen, in erschöpfte Gesichter und frage mich, was Menschen aushalten können. Der Schrei eines zwei Jahre alten Kindes, das nur fünf Kilogramm wiegt, bleibt noch lange in meinem Kopf.

Äthiopien erlebt die schlimmste Dürre seit 30 Jahren und die Weltgemeinschaft sieht nicht wirklich hin. Zwei Millionen Menschen gelten als unterernährt, fast eine halbe Million Kinder sind schwer unterernährt. Mit jedem Tag, an dem der ersehnte Sommer-Regen ausbleibt, wird die Situation dramatischer. Doch die Unterstützung für die Menschen kommt nur langsam voran. Der humanitäre Bedarf des Landes liegt bei 1,5 Milliarden Dollar. Bisher aber steht erst die Hälfte davon zur Verfügung.

Im Augenblick wird verstärkt Saatgut verteilt, denn alle warten auf das Einsetzen des großen Sommerregens Meher. In der Region Amhara rund um die historische Stadt Lalibela ist er schon im vergangenen Jahr ausgeblieben. Jetzt sind die Felder wieder gepflügt und die 32 Jahre alte Sewnet blickt jeden Morgen als erstes an den Himmel. „Es muss jetzt regnen“, sagt sie. „Sonst werden wir die Gegend verlassen müssen.“ Ich treffe sie an der Wasserausgabestation für ihre Gemeinde. Meterlang sind die Wasserkanister aufgereiht, geduldig warten die Menschen bis sie ihre zwei 20-Liter-Kanister pro Familie füllen können. 150 Haushalte werden aus diesem Wassertank, den Plan International täglich auffüllt, versorgt. Gemeinsam mit der Gemeinde hat Plan den Standort so ausgewählt, dass möglichst viele Menschen den Tank in kurzer Zeit erreichen können. „Vorher war ich acht Stunden unterwegs, um in einem ausgetrockneten Flussbett nach Wasser zu graben und es zu meiner Familie zu bringen“, erzählt Sewnet. Ihre neun und sechs Jahre alten Kinder konnten nur einmal am Tag essen. Inzwischen gibt es wieder zwei Mahlzeiten und ihr Sohn geht auch weiterhin zur Schule. Ihre Tochter sei zu schwach, sagt sie.

Dabei sind es die Mädchen und Frauen, die stark sein müssen. Sie holen traditionell das Wasser. Überall sieht man sie an den verlassensten Orten mit den gelben Kanistern auf den Rücken oder Köpfen neben den Lasteseln über unsichtbare Pfade ziehen. Manche von ihnen scheinen selbst nicht schwerer als der Kanister, den sie tragen. Auch deshalb gehen sie nicht mehr zur Schule, auch deshalb werden sie wichtige Jahre ihres Lebens und die Chance auf ein Leben ohne Armut verlieren.

In einer Gesundheitsstation in Chilla Kebele, in der Plan International die Verfassung der Kleinkinder und ihrer Mütter überprüft, überwacht und sie entsprechend gesundheitlich oder mit Zusatznahrung versorgt, sind die Zahlen von Mai auf Juni von 6000 auf 7500 Patientinnen und Patienten gestiegen. „Daran erkennen wir, dass die Menschen keine Reserven mehr haben. Ihre Situation verschlechtert sich von Tag zu Tag“, sagt mein Kollege Manoj Kumar, der Leiter von Plan in Äthiopien.

Bereits im vergangenen November hat Plan International sein Nothilfe-Programm in Äthiopien gestartet. Die Menschen erhalten unter anderem Nahrung, Wasserversorgung, gesundheitliche Behandlung, Saatgut für Getreide und Gemüse und Hygiene-Schulungen.