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Extreme Naturereignisse werden häufig zu humanitären Katastrophen - insbesondere geflüchtete Menschen sind einem erhöhten Risiko ausgesetzt. © Plan International
Extreme Naturereignisse werden häufig zu humanitären Katastrophen - insbesondere geflüchtete Menschen sind einem erhöhten Risiko ausgesetzt. © Plan International
15.09.2020 - von Anne Rütten

Weltrisikobericht 2020: Geflüchtete sind besonders gefährdet

Extreme Naturereignisse werden häufig zu humanitären Katastrophen - insbesondere geflüchtete Menschen sind einem erhöhten Risiko ausgesetzt. Warum das so ist und was hilft, zeigt der neue Weltrisikobericht.

Jedes Jahr leiden weltweit Millionen Menschen unter Katastrophen infolge extremer Naturereignisse. Aber ob Erdbeben, Wirbelstürme oder Überschwemmungen zu humanitären Katastrophen werden, hängt nicht nur von der Stärke des Naturereignisses ab, sondern auch davon, wie gut die betroffenen Gemeinden auf solche Ereignisse vorbereitet sind.


Wie hoch dieses Risiko für 181 Länder der Welt ist, wird einmal im Jahr durch die Multiplikation der Exposition und der Vulnerabilität berechnet und im Weltrisikobericht dargestellt. Die Exposition meint die Bedrohung der Bevölkerung durch extreme Naturereignisse wie Erdbeben, Wirbelstürme, Überschwemmungen, Dürren und den Meeresspiegelanstieg. Die Vulnerabilität bildet den gesellschaftlichen Bereich ab - dafür wird in Betracht gezogen, wie anfällig die Länder bzw. Gemeinden sind, Schaden davon zu tragen, aber auch, wie gut sie auf solche Ereignisse vorbereitet sind und damit umgehen können.

Das Ergebnis dieser Analyse wurde heute in Form des Weltrisikoberichts vom Bündnis Entwicklung Hilft, in dem auch Plan International Mitglied ist, und dem Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht (IFHV) der Ruhr-Universität Bochum veröffentlicht. Die drei Länder mit dem höchsten Katastrophenrisiko sind die tropischen Inselstaaten Vanuatu, Tonga und Dominica im Südpazifik. Insgesamt befinden sich die Hotspot-Regionen des Katastrophenrisikos in Ozeanien, Südostasien, Mittelamerika sowie in West- und Zentralafrika. Deutschland liegt mit einem sehr geringen Katastrophenrisiko auf Rang 162.

Geflüchtete sind bei Naturkatastrophen einem besonders hohen Risiko ausgesetzt

Ein Schwerpunkt des Berichts liegt in diesem Jahr auf der Gefährdung von Geflüchteten, da sie extremen Naturereignissen - ebenso wie auch globalen Gesundheitskrisen wie aktuell der Corona-Pandemie - besonders schutzlos ausgeliefert sind: Durch mangelhafte Hygienebedingungen und Infektionsschutzmaßnahmen in überfüllten Unterkünften, Grenzschließungen sowie der Beeinträchtigung von Hilfs- und Selbstversorgungsstrukturen verschärfen sich die ohnehin prekären Verhältnisse, in denen viele der derzeit fast 80 Millionen Geflüchteten und Vertriebenen weltweit leben. Auch Wanderarbeiter:innen sind von den Auswirkungen der Pandemie besonders betroffen. Im Fall eines extremen Naturereignisses sind sie daher besonders verwundbar. Folglich besteht ein erhöhtes Risiko, dass ein solches Ereignis zur humanitären Katastrophe wird.

Deshalb müssen die Lebensbedingungen von Geflüchteten und Vertriebenen dringend verbessert werden, sagt Peter Mucke, Projektleiter des Weltrisikoberichts und Geschäftsführer von Bündnis Entwicklung Hilft. „Schon jetzt ist die Corona-Pandemie für viele Menschen eine Krise in der Krise. Umso wichtiger ist eine gute Katastrophenvorsorge.“ Dr. Katrin Radtke, Wissenschaftliche Leiterin des Berichts, ergänzt: „Für Dürren oder Stürme, wie auch für neu auftretende Viruserkrankungen, gilt gleichermaßen: Naturgefahren lösen dann eine Katastrophe aus, wenn Gesellschaften unzureichend darauf vorbereitet sind.“

Das ist besonders wichtig, da der Klimawandel verstärkt zu extremen Wetterverhältnissen führt und damit nicht nur Auslöser von Naturkatastrophen, sondern auch Ursache dafür ist, dass immer mehr Menschen sich gezwungen sehen, ihre Heimat zu verlassen - zum Beispiel, weil Ernten ausbleiben, ihre Lebensräume durch Überschwemmungen, Erdrutsche und Erdbeben zerstört werden und damit ihre Existenz gefährdet ist. So könnten bis zum Jahr 2050 bis zu 143 Millionen Menschen aufgrund des Klimawandels auf der Flucht sein, schätzt die Weltbank.

Plan International unterstützt durch Kindzentrierte Katastrophenvorsorge

Plan International unterstützt deshalb Gemeinden in besonders für Naturkatastrophen anfälligen Programmländern mit der kindzentrierten Katastrophenvorsorge und -hilfe darin, sich bestmöglich auf drohende Gefahren vorzubereiten und die Risiken zu minimieren. Dazu werden - unter Einbezug der Kinder - Vorsorgemaßnahmen und Schutzmechanismen sowie konkrete Notfallpläne für verschiedene Katastrophenszenarien entwickelt und trainiert. Die dringende Schutzbedürftigkeit von Kindern und Frauen wird dabei besonders berücksichtigt. Die Projekte beinhalten unter anderem Präventionsmaßnahmen an Schulen und Krankenhäusern und sollen die Resilienz, also die Widerstandskraft von Gemeinden und Institutionen gegenüber Krisen und Katastrophen, stärken.

Der Weltrisikobericht zum Download
PDF 6,56 MB