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201506-NPL-46
Viele der Schulen in Nepal sind zerstört. ©Plan
10.07.2015 - von Janina Schümann

Nepal lehrt uns die Notwendigkeit von Bildung in Notsituationen

Ein Bericht von Anthony Davis, Referent für Kinderrechte bei Plan International.

 

Es war ein wunderschöner Morgen, als wir Kathmandu verlassen und uns auf den Weg nach Makwanpur machen.


Ich mache einen Tag Pause von meiner Tätigkeit als Referent für Kinderrechte für die Nothilfe in Nepal um Kinder, Jugendliche, Partner und lokale Mithelfer zu treffen, mit denen Plan International zusammenarbeitet. Sie helfen den Kindern, ihr Leben nach den beiden Erdbeben zu ordnen und wiederaufzubauen.

Während wir in Makwanpur darauf warten, dass das Phakhel Village Development Committee sich zusammensetzt, treffen wir uns mit dem Plan International Sponsorship Manager Anil Deoja. Makwanpur ist zwar nicht so schwer betroffen wie andere Gebiete, aber die Not ist dennoch groß. Anil sagt, dass der Wiederaufbau in diesem Gebiet schneller gehen muss. Angemessene Unterkünfte sind immer noch die größte Not, vor allem während der Monsunzeit. Auch die Rate von Menschenhandel und Kinderarbeit steigt - dies waren bereits Probleme vor der Katastrophe.

Als wir durch das schwach beleuchtete Village Development Committee (VDC) Gebäude gehen, fällt das Gespräch auf Bildung, eine zentrale Sorge für die Kinder in Makwanpur und auch im ganzen Land. Mit mehr als 53.000 beschädigten oder zerstörten Klassenräumen wurde der Sektor Bildung von der Regierung auf Platz 2 in der Bedarfsermittlung für Katastrophen eingeordnet, direkt hinter der Unterbringung der Menschen. Bis die Schulen Ende Mai wieder geöffnet wurden, waren fast eine Million Kinder nicht in der Lage, die Schule zu besuchen.

Die Mädchen und Jungen, die wieder zur Schule gehen, sind mit zusätzlichen Herausforderungen konfrontiert. Unzählige Bücher und Lernmaterialien sind durch das Erdbeben verloren gegangen. Zusätzlich dazu, dass die Kinder an keinem Unterricht teilnehmen konnten, fiel es vielen auch schwer, in der Zwischenzeit zu lernen. Dies wirft ernsthafte Schwierigkeiten für die bevorstehenden Prüfungen der Schülerinnen und Schüler auf.

Dennoch: Einige der Kollegen, mit denen wir sprechen, sind optimistisch. Mit Stolz stellen sie fest, dass fast alle Kinder die Schule vor dem Erdbeben besuchten. Es war klar, dass die Wiedereröffnung der Schulen für die Kinder einen großen Unterschied macht. „Wenn die Kinder in der Schule sind, geht es ihnen gut. Aber in den Abendstunden haben sie immer noch Angst“, erzählte uns eines der Ausschussmitglieder.

Dies steht im Einklang mit dem, was wir wissen: In Zeiten der Not bietet Bildung und Ausbildung physischen Schutz und Räume für Kinder, in denen sie psychosoziale Sicherheit finden. Dies gilt vor allem für die Mädchen. Durch die Bildung wird Routine vermittelt und eine Rückkehr der Normalität tritt ein. Es kann Leben retten und ist ein Grund dafür, dass für Plan International Bildung eine Priorität in Notsituationen ist.

Später am Tag besuchen wir eines der temporären Lernbereiche in Bajrabarahi - eines der 25, die wir in Makwanpur erbaut haben. Es sind Zeiten wie diese, die ein Licht auf die Notwendigkeit der Bildung im Wiederaufbau eines Landes und der Stärkung der Widerstandsfähigkeit, werfen. Als wir den „Klassenraum“ betreten, welcher aus Bambus und Wellblech besteht, treffen wir auf einen Chor von Lärm.

„Namaste!“, rufen die Schülerinnen und Schüler mit einem Lächeln über das ganze Gesicht.

Sie haben sich schnell eingelebt. Die vorübergehenden Klassenräume, welche zur Hälfte von Plan und zur Hälfte von der Gemeinde erbaut wurden, sind voller Aktivität. Als ich die vielversprechenden Kunstwerke sehe und durch ein Sozialwissenschaftliches Lehrbuch blättere, bin ich hin- und hergerissen.

Meine Freude daran, die Kinder wieder in den Schulen zu sehen, wird durch die Gedanken über die längerfristigen Herausforderungen gestört:Wie lange wird es dauern, bis die Grundschulen wieder aufgebaut sind? Wie werden diese temporären Zentren die Monsunzeit überstehen? Was ist mit den Mädchen und Jungen, die noch nicht in der Lage sind, die Schule wieder zu besuchen? Es besteht die reale Gefahr, dass viele von ihnen die Schule abbrechen werden - möglicherweise auch dauerhaft - in Kinderarbeit oder Kinderheirat enden, oder sogar zum Menschenhandel und -ausbeutung gezwungen werden. Diese Risiken beziehen sich vor allem auf die Mädchen, deshalb muss die Wiedereingliederung aufmerksam bewacht werden.