Die 19-jährige Laurita lebt mit ihrer Familie in den Hochanden Ecuadors, weit entfernt von der nächsten Stadt und umgeben von Tieren und unberührter Natur. Sie ist Teil einer neuen Generation indigener Mädchen, die die Traditionen früher Heirat und Mutterschaft ablehnen und auf der Suche nach neuen Wegen sind, ihr Leben selbst zu gestalten.
Seit Tausenden von Jahren leben indigene Gemeinschaften in den Bergen Ecuadors, wo sie eine Vielzahl von Pflanzen anbauen und Vieh halten. Aber das sich ändernde Klima hat dazu geführt, dass Niederschlagsmuster und Temperaturen schwanken. Viele ziehen deshalb in die Stadt, um Arbeit zu suchen und ihre Familien zu unterstützen − einschließlich Lauritas Vater.
Schon in jungen Jahren half Laurita ihrer Mutter bei der Hausarbeit, kümmerte sich um ihre jüngeren Geschwister und arbeitete auf der kleinen Farm. Nachdem Laurita ihre morgendlichen Aufgaben erledigt hatte, musste sie über 10 km laufen, um ihre Schule zu erreichen. Trotz dieser Schwierigkeiten hatte sie ein brennendes Bedürfnis zu lernen und beendete die Grundschule mit hervorragenden Noten.
In der Sekundarschule lernte Laurita zum ersten Mal die Arbeit von Plan International mit Kindern und Jugendlichen in ihrer Gemeinde kennen. Sie war jedoch nicht daran interessiert, an Projekten teilzunehmen, bis sie 2016 eine Mitarbeiterin von Plan International traf, die sie inspirierte.
"Mit 15 sah ich eine junge indigene Frau, die ein Auto von Plan fuhr. Ich war überrascht, denn solche Frauen gibt es in unserer Gemeinde nicht. In diesem Moment sagte ich mir: 'Wenn ich groß bin, möchte ich so sein wie sie.' Von da an nahm ich an allen Aktivitäten teil, die sie angeboten hat.“
Als sich Laurita in Plan-Projekten engagierte, zeigte sie großes Interesse daran, mehr über ihre Rechte zu erfahren. Sie stach aus ihrer Gruppe hervor. Mit der Zeit wurde sie ein Vorbild für ihre Gemeinde und eine echte Anführerin. Aufgrund ihrer ihres großen Engagements wurde sie zur Jugendvertreterin für ihre Stadt ernannt und ihre Arbeit wurde von den örtlichen Behörden gelobt.
Nachdem Laurita einen Plan für ihr Leben entwickelt hat, studiert sie jetzt an der Universität. Obwohl es bedeutete, von ihrer Familie, ihrem ländlichen Lebensstil, ihrer Kultur und ihren geliebten Bergen wegzuziehen, lebte sie sich in ihrem neuen Leben in der Stadt gut ein.
"Als meine Mutter und meine Familie nach Hause reisten und mich allein in meinem Zimmer ließen, konnte ich meine Tränen nicht zurückhalten und weinte. Ich wollte mit ihnen mitgehen, musste aber alle Kraft zusammennehmen und das tun, wofür ich hergekommen bin“, sagt Laurita, die inzwischen das erste Semester ihres Jurastudiums erfolgreich abgeschlossen hat.
Im März 2020 wurde der Unterricht an der Universität aufgrund der COVID-19-Pandemie eingestellt. Laurita war gezwungen nach Hause zurückzukehren und online weiter zu lernen. Damit sie sich den Internetzugang leisten kann, der für ihr Studium notwendig ist, muss sie mit ihrer Mutter auf dem Feld arbeiten.
„Wenn das mobile Signal zu Hause nicht funktioniert, dann muss ich früh morgens auf einen Hügel gehen, wo das Signal stark genug ist, damit ich am Unterricht teilnehmen kann. Wenn ich das nicht tue, könnte ich dieses Semester verlieren und das will ich nicht“, erklärt Laurita.
Ungeachtet der Hindernisse durch die Pandemie konzentriert sich Laurita auf ihre Ausbildung und möchte Anwältin werden, um Menschen in Not zu helfen, die keine Unterstützung haben.
"Mein Traum ist es, Menschen zu helfen, denen möglicherweise die Mittel fehlen, um Anwälte zu bezahlen, wenn sie in Schwierigkeiten sind. Und ich möchte auch zur Entwicklung meiner Stadt beitragen, damit Kinder und Jugendliche bessere Chancen in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Beschäftigung haben.“
Angetrieben von ihren Träumen und unterstützt von ihrer Familie ist Laurita entschlossen, ihr Studium zu beenden und ihre berufliche Laufbahn zu beginnen. "Ich werde meine Ziele erreichen, und mache einen kleinen Schritt nach dem anderem."
Laurita leitet auch eine Gruppe junger Menschen, die sich für die Themen Führung, Gleichstellung der Geschlechter, Werte und Rechte einsetzt. Während der Pandemie hat diese Gruppe dazu beigetragen, Bildungsaktivitäten für Kinder von Familien zu unterstützen, denen Zuhause das Internet fehlt.
„Ich suche nach Räumen, in denen ich meine Erfahrungen mit anderen Menschen teilen und ihnen helfen kann, ihre Lebensziele zu verwirklichen“, sagt Laurita. "Führung ist die Fähigkeit, eine Vision in die Tat umzusetzen."