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Mo. - Fr.
08:30 - 17:00 Uhr
Annika Witte aus Münster in Honduras mit ihrem Patenkind Jany
Annika Witte aus Münster in Honduras mit ihrem Patenkind Jany (r.) und dessen Freundin Alexandra.

„Gracias por venir!“

Danke, dass Du gekomen bist! So nahmen über 600 Schulkinder Annika Witte aus Münster in Empfang, also sie ihr Patenkind, die elfjährige Jany, in Honduras besuchte. Ein aufregender Tag für alle Beteiligten, die junge Patin berichtet:

Patenkindbesuch bei Jany

Vor sieben Jahren war ich das erste Mal in Honduras. Nun bin ich wieder hier, in der Hauptstadt Tegucigalpa. Ich wohne bei meinem honduranischen Freund, Huber, den ich damals während meines Praktikums im Deutschen Kulturzentrum kennengelernt habe. Am Montagmorgen stehen wir ganz früh auf. Zusammen mit Plan-Mitarbeiterin Victoria und Fahrer Lester machen wir uns auf den Weg nach Santa Barbara, der Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaates. Hier lebt Jany, für die ich 2006 die Patenschaft übernommen habe.

Der erste Patenbesuch seit 15 Jahren

Fast eine Stunde dauert es, bis wir endlich aus der Hauptstadt heraus sind. Heftige  Regenfälle haben an einer Stelle ein riesiges Loch in die Straße gerissen, so dass der gesamte Verkehr umgeleitet werden muss. Es geht nur zäh voran. Victoria ist noch nicht lange bei Plan, aber begeistert von ihrer Arbeit. Etwa zweimal im Monat besucht sie eines der Patenkinder, von denen es rund 30.000 in ganz Honduras gibt. In der Region, in der Jany lebt, war jedoch bis jetzt nur ein Pate, 15 Jahre ist das her.

Starke Regenfälle mit schweren Folgen

Patin Annika Witte und Jany, ihr Patenkind.
Patin Annika Witte und Jany, ihr Patenkind.

Wir fahren durch die grünen Hügel Honduras, vorbei an Kaffeefabriken in der Nähe von Comayagua sowie am kilometerlangen US-Militärstützpunkt Solo Cano, dem größten in Lateinamerika. Schließlich liegt Honduras zentral, im Mittelpunkt eines ganzen Kontinents. Gegen Mittag kommen wir in Santa Barbara an. Auf unserem Hotelzimmer schalten wir den Fernseher ein und erfahren in den Nachrichten, dass aufgrund des heftigen Regens Teile des baufälligen Fußballstadions in der Hauptstadt heruntergestürzt sind.  Ein Stück der Tribüne hat fünf Autos zertrümmert, ein Mensch kam dabei ums Leben. Es ist genau der Teil der Tribüne, auf der wir gestern noch gesessen und das Spiel zwischen Motagua und San Pedro verfolgt haben.

Blonde Einheimische in Santa Barbara

Santa Barbara ist bekannt für seine blonden Menschen. Glatt könnte ich mich hier als Einheimische augeben, sagte man mir schon bei meinem ersten Aufenthalt. Wir beobachten die Menschen im Park. „Diesen Park hat Mel für uns gemacht.“, betont ein Mann, der uns anspricht. Mel ist der Spitzname für Manuel Zelaya, der Präsident von Honduras war, bis er im Juni 2009 mitten in der Nacht im Pyjama außer Landes gebracht wurde. Die internationale Staatengemeinschaft ist sich nicht einig, ob es sich dabei um einen Putsch handelt. Für den Mann, der seine viel zu weite Hose immer wieder hochzieht, steht außer  Frage: „Mel wird wieder kommen!?“ Die Widerstandsbewegung, die sich seit Juni 2009 entwickelt hat, ist hier sehr viel stärker als in der Stadt.

Hunderte Kinder in blauweißer Schuluniform

Am nächsten Morgen nehmen wir nach dem Einkauf von Grundnahrungsmitteln und Hygieneartikeln für Janys Familie die kleine Straße in das Dorf, in dem Jany wohnt. Wir fahren über eine Brücke und Pan-Mitarbeiter Felix erzählt uns, wie er hier überfallen wurde und um sein Leben bangen musste. Eine Geschichte, die fast jeder hier erzählen kann. Um neun kommen wir in der Gemeinde an und sehen als Erstes den riesigen Anacahuite-Baum auf dem Platz in der Mitte des Dorfes. Der Baum sei der der größte und schönste seiner Art im ganzen Land. In der Nähe steht Janys Schule. Eine Wand des Gebäudes ist bunt bemalt, ein Projekt von Plan. Wir steigen die wenigen Stufen hinauf, auf dem Flur wimmelt es von Kindern in blauweißen Uniformen und plötzlich heißt es: Das ist Jany-Leisy!“. Schüchtern klammert sie sich an die Hand ihrer besten Freundin Alexandra. Wir umarmen uns.

Fragen über Fragen

Der Direktor der Schule begrüßt mich herzlich und freut sich, dass ich so jung bin. Er hat mit einer alten Dame gerechnet. Zuerst besichtigen wir Janys Klassenraum, der dank Plan wie die gesamte Schule mit neuen Möbeln ausgestattet ist.  Blaue Buchstaben an der Tafel heißen mich willkommen, Jany wird noch schnell von ihren Freunden festlich gekleidet und geschminkt. Es soll noch einen kleinen acto, eine kleine Zeremonie, geben. Die Kinder testen unsere Digitalkameras und Janys Freundin plappert freudig darauf los. Vom Englischunterricht erzählt sie und stellt neugierige Fragen: Warum trägst du einen Schal bei dieser Hitze? Und warum hast du so kurze Fingernägel?

Ehrenplatz auf der Bühne

Annika Witte zu Hause bei Janys Familie.
Annika Witte zu Hause bei Janys Familie.

Wir besichtigen die neuen Werkstätten, in denen die Schüler mit Holz und Lehm arbeiten können. Auch den Computerraum mit rund 30 internetfähigen PCs begutachten wir. Dann geht es in die Aula, wo sich schon 600 Kinder versammelt haben. Für Victoria, Felix, Huber und mich gibt es Ehrenplätze oben auf der Bühne. Der Direktor und die Lehrer halten Reden und bedanken sich für meine Unterstützung. Drei Mal rufen sie meinen Namen, die Kinder jubeln. Ich bin es nicht gewohnt, wie ein Star gefeiert zu werden. Nach der Vorführung traditioneller Tänze bekomme ich einen Schlüssel aus Holz überreicht, als Symbol, dass ich jederzeit zurückkehren kann. Nach meinen Worten des Dankes soll auch Jany sprechen. „Que hable, que hable“ (sie soll sprechen, sie soll sprechen!), schreien 600 Kinderstimmen. Jany beschränkt sich auf das Wesentliche: „Gracias por venir!“ -„Danke, dass du gekommen bist!“ Danach stürmen fast alle Kinder nach vorne, sie wollen uns alle umarmen; sie umarmen uns fast alle.

Neunköpfige Familie unter einem Dach

Im Anschluss fahren wir zu Jany nach Hause. Das Haus der Familie ist klein, ich erahne zwei Räume, höchstens drei, mindestens jedoch neun Familienmitglieder: Janys Geschwister, ihre Eltern, ihre Großeltern, eine Tante und deren Tochter, sie alle wohnen hier. Ich gebe Jany meine Geschenke. Unter anderem ein Springseil,  ein Gummi-Twist und Süßigkeiten für alle, die sie verteilt. Selbst der Oma schmecken die Gummibärchen. Und auch für mich hat Jany ein Geschenk, einen selbstgebastelten Stifte-Behälter, in Form eines Wurms. Vor dem Haus ist alles mit Sägespänen, Schals und Luftballons dekoriert. Im Schatten der Sträucher nehmen wir Platz, trinken Cola und essen Bohnen, Tortilla, Avocado, Reis und Fleisch. Zu den Klängen von Bob Marley schauen wir noch meine Fotos aus Deutschland an. Aufnahmen von meiner Stadt, meiner Familie und vom Schnee.

Schüchtern bis zum Schluss

Die Zeit vergeht wie im Fluge.  Wir machen ein Abschiedsfoto, Jany begleitet uns bis zum Auto, wir hupen und winken und fahren zurück nach Santa Barbara. Die Schüchternheit Janys bleibt jedoch bis zuletzt. Dennoch: In ihrem ersten Brief nach unserem Besuch schreibt sie sehr viel persönlicher als sonst, erzählt von ihrer Katze Mimi und malt. 

Ein seltsames Gefühl überkommt mich auf der Rückfahrt. Es hat mit Verantwortung zu tun. Verantwortung für dieses Land und seine Menschen. Und ein Gefühl, dass dies sicherlich nicht der letzte Besuch war. Wir werden wiederkommen.