Alle unter einem Dach
Seit vielen Jahren unterstützt Peter Kofler aus Mittelfranken die Arbeit von Plan International über seine Patenschaften für zwei Kinder in Bolivien. Eine Reise durch Lateinamerika verbindet er im Februar 2016 mit einem Besuch bei dem fünfjährigen Ariel und seiner Familie in der Region Sucre. Lesen Sie nachfolgend seinen Bericht.
Patenkindbesuch bei Ariel
Mein Patenkind Ariel ist derzeit fünf Jahre alt und lebt mit seinen Eltern, Großeltern und seinen drei Geschwistern in der Region Sucre in Bolivien. Sucre – auch genannt die weiße Stadt aufgrund ihrer weißen Gebäude – ist eine sehr schöne Stadt ca. 700 Kilometer südlich von La Paz und in rund 2.800 Meter Höhe, vor allem auch beliebt bei Backpackern und Studenten. In Sucre befindet sich das Plan-Büro der Region. Auf die ärmlichen Lebensverhältnisse vor Ort war ich eingestellt. Ich wusste um die Lebens-bedingungen aufgrund meiner vorherigen Reisen nach Mexiko und Guatemala und meiner Übernachtung bei einer einheimischen Familie auf der Insel Amantani im Titicacasee rund eine Woche vorher.
Schulalltag in Bolivien
Dann kam der Besuchstag: Um 8 Uhr 30 morgens brach ich bei strahlendendem Sonnenschein gemeinsam mit den Plan-Mitarbeitern und Enrique und Samuel Perez auf. Zunächst fuhren wir durch eine herrliche Landschaft zu einer Schule mit Internat, welches von Plan vor rund 20 Jahren mit aufgebaut wurde. Während der rund einstündigen Fahrt durch die ärmliche Gegend erzählten Samuel und Enrique von ihrer Tätigkeit vor Ort, wie Plan hier arbeitet und organisiert ist. Meine Fragen wurden ausgiebig beantwortet. Bei der Internatsschule angekommen, wurden wir von der Lehrerin und dem Schulleiter empfangen und herumgeführt. Sie erzählten mir vom Schulalltag, von den Lehrinhalten und den Problemen vor Ort.
Das Internat betreut an Wochentagen zurzeit 50 Kinder. Für die Unterkunft und die Verpflegung zahlen die Eltern 25 Bolivianos (rund 3 bis 4 EUR) im Monat. Die Räumlichkeiten sind sehr einfach: Die Kinder schlafen in Mehrbettzimmern mit Stockbetten – Jungen und Mädchen getrennt.
Die sanitären Anlagen sind vorhanden, aber die Duschen funktionieren nicht. Dies ist bekannt, aber eine Reparatur konnte bisher nicht durchgeführt werden. Plan kann hier auch nicht viel ausrichten, wenn die Behörden nicht kooperieren.
Gegen zehn Uhr war Pause. Also nutzten wir die Gelegenheit, mit den Lehrern und den Kindern gemeinsam zu beten, essen und zu trinken (einfach, aber sehr nahrhaft, sättigend und gut).
Sehr schönes erstes gemeinsames Erlebnis!
Nach einer kurzen Verabschiedung ging es weiter... zu meinem Patenkind Ariel. Ariel wohnt in einem kleinen Ort mit rund 2.000 Einwohnern ca. eine Autostunde von Sucre entfernt. Der Ort ist überregional bekannt aufgrund seines auf dem Plaza de las Armas (Hauptplatz) am Sonntag stattfindenden sehr bunten Marktes.
Mit Haustieren unter einem Dach
Wir klopften an die Holztür und schon schaute Ariel raus – neugierig und etwas schüchtern. Die Familie von Ariel wartete schon auf uns.
Die Familie von Ariel wohnt in einem gemieteten Haus, welches aus für die Region typischen Lehmziegeln errichtet ist. Das Dach ist mit Ziegeln bedeckt. Der Boden ist gestampft und mit Steinen ausgelegt. (bei Trockenheit wohl ziemlich staubig und bei Regen wohl auch schlammig). Das Haus liegt fast direkt am Fluss, welcher sich durch die Gemeinde schlängelt.
In dem Haus wohnen der fünfjährige Ariel (5), seine Eltern Martha und Fernando und seine drei Geschwister. Weiterhin zur Familie gehören Hunde, Hühner, eine Katze und ein Schwein, alle leben zusammen unter einem Dach.
Vorschule nur 100 Meter weiter
Es gibt fließend Wasser, aber keine Sanitäreinrichtungen und auch keinen Strom. In Deutschland fast unvorstellbar! Die Familie stellt sich vor und zeigt mir ihr Haus. Sie wirken trotz der ärmlichen Verhältnisse nicht unzufrieden. In der Familie wird Quechua und Spanisch gesprochen. Die Kinder wachsen somit zweisprachig auf. Die Eltern von Martha verstehen wohl etwas Spanisch, sprechen aber überwiegend Quechua. Ariel geht bereits mit seinen fünf Jahren in die Vorschule, die nur rund 100 Meter von seinem Wohnhaus in Sichtweite entfernt liegt.
Ich erzähle kurz von mir, aber versuche meine Antworten vorsichtig zu formulieren, um nicht falsche Erwartungen zu wecken und möglicherweise Gefühle zu verletzen. Die Familie lädt mich und meine Begleiter Samuel und Enrique zu einem landestypischen Essen ein: Gemüsesuppe mit Kartoffeln und Fleischeinlage, dazu Coca Cola. Auch dieses Essen ist sehr einfach, aber es schmeckt und es macht vor allem satt und ist nährreich. Auch Ariel und seiner kleinen Schwester scheint es zu schmecken. Nach dem Essen übergebe ich die mitgebrachten Geschenke an Ariel, seine Familie und die Gemeinde. Ariel und die Familie scheinen sich zu freuen. Der neugeborene Bruder wird in einer Wanne gewaschen. Dies ist ein kleiner und kurzer Einblick in das Leben der Familie und der Menschen hier vor Ort. Wir machen ein paar Bilder und brechen dann zusammen mit Fernando und Ariel zu seiner Schule auf. Ariel hatte heute wegen meines Besuches extra frei. Normal wäre er um diese Zeit noch in der Schule.
Rundgang durch die Gemeinde
Seine Lehrerin stellt sich kurz vor, Ariel zeigt mir seinen Platz in der Klasse - neben seinem besten Freund. Die Klasse sagt kurz Hallo zu mir und wir gehen schon wieder weiter, um die Gemeinde weiter zu erkunden. Ariel weicht mir während der Ortsführung nicht von der Seite und geht an meiner Hand. Enrique zeigt uns kurz das Plan-Büro vor Ort. Ariel gibt mir ein paar Mal die Fünf („Gib mir 5“ - also mit den Händen abklatschen. Der spanische Begriff wurde mir genannt, leider habe ich ihn nicht behalten). Eine angenehme Runde und Atmosphäre!
Und dann geht es auch schon wieder zurück zum Haus von Ariels Familie. Der Besuch neigt sich somit dem Ende zu. Ich verabschiede mich von der Familie gegen 13 Uhr und wünsche alles Gute.
Der Abschied von Enrique und Samuel von Plan Bolivien ist kurz. Ich bedanke mich die tolle Begleitung und den wunderschönen Tag. Ich möchte mich erkenntlich zeigen, da sich keine Gelegenheit ergab, die beiden unterwegs zum Essen einzuladen und ich natürlich die entstandenen Fahrtkosten übernehmen wollte. Weiterhin wollte ich der Familie noch durch Plan vor Ort Unterstützung zukommen lassen, da Enrique, Samuel und die anderen Plan-Mitarbeiter am besten wissen, was im Einzelfall am besonders dringend benötigt wird. Beides wird von Samuel abgelehnt. Er hält sich strikt an die Vorgaben von Plan. Absolut in Ordnung und sehr ehrenwert!
Aber da ich der Familie auch wegen des nicht vorhandenen Stroms helfen wollte, habe ich ihr über den Plan Shop drei Solarleuchten zukommen lassen. Der Besuch wird nicht mein letzter gewesen sein. Ich kann ein solches Treffen mit dem Patenkind und der Familie nur Jedem empfehlen.
Uttenreuth, Mai 2016
Peter Kofler