Begrüßung unterm Mangobaum
Es ist nicht ihr erster Ghana-Aufenthalt: Doch zum ersten Mal reist Marion Balbach aus Rottenburg in Baden-Württemberg in den Norden des Landes, um ihr Patenkind, die zwölfjährige Christiana, zu besuchen. Dort erlebt die junge Lehrerin einmal mehr, was es mit der ghanaischen Gelassenheit auf sich hat. Lesen Sie nachfolgend ihren Bericht:
Patenkindbesuch bei Christiana
Meine Ankunft ist ein wenig wie nach Hause kommen, es ist mein dritter Ghana-Aufenthalt: Freunde, die mich vom Flughafen abholen, bekannte Straßen und Gebäude, das bunte, geschäftige Treiben und dann der unverwechselbare Geruch, den ich mit Ghana verbinde. Ich fühle mich sofort aufgehoben und freue mich riesig auf meinen sechswöchigen Aufenthalt, den ich dazu nutze, Freunde zu treffen, das Land zu bereisen und mein Plan-Patenkind Christiana ganz im Nordwesten Ghanas zu besuchen. Begleitet werde ich von meiner Schwester Eva und unserer Freundin Anne, die beide zum ersten Mal in Ghana sind.
Der Bus einfach weitergefahren...
Bereits nach zwei Wochen erreichen wir Wa im Nordwesten Ghanas. Die Fahrt Richtung Westen führt uns überwiegend über holprige Pisten und wir üben uns in ghanaischer Geduld und Gelassenheit: Immer wieder müssen wir anhalten, weil auf der Busunterseite etwas am Boden schleift. Nach unserem Zwischenstopp in Larabanga fährt der überfüllte Bus, auf den wir zwei Stunden gewartet hatten, einfach ohne uns weiter. Nach einigen Gesprächen und Verhandlungen nimmt uns doch noch jemand mit und - so kommen wir zu unserem mit Plan vereinbarten Termin in Wa an.
Trommelnder Regen in der Nacht
Gleich nach unserer Ankunft in Wa setze ich mich mit dem Plan-Büro in Verbindung und Mr. Emmanuel Lamptey sucht uns in unserer Unterkunft auf, um den Ablauf des nächsten Tages mit uns zu besprechen. Wir sind alle drei schon ganz gespannt und aufgeregt, was uns in Christianas Dorf erwarten wird - und hoffen, dass der Regen bald nachlässt, damit die Straßen dorthin auch passierbar sind. Doch um vier Uhr morgens weckt uns trommelnder Regen, der gar nicht mehr aufhören sollte. Somit wird unser Vorhaben auf unbestimmte Zeit nach hinten verschoben, der Grund: „heavy rain“. Hier hilft uns auch keine ghanaische Gelassenheit mehr und wir werden merklich ungeduldiger. Als es dann mit drei Stunden Verspätung losgehen soll, freuen wir uns, dass unser beschwerlicher Weg doch noch belohnt wird. Von Mr. Emma, einem Plan-Mitarbeiter, werden wir abgeholt und dem Programm-Direktor vorgestellt, der uns über die Plan-Projekte und -Arbeit im Nordwesten Ghanas berichtet.
Das ganze Dorf auf den Beinen
Anschließend fahren wir mit Mr. Iddrisu Y. Kamaldeen und Mr. Emma nach Damangli ins Christianas Gemeinde. Hier werden wir ganz offiziell beim Chief angemeldet und freundlich empfangen. Vom Haus des Chiefs aus, das sich in keinster Weise von den übrigen Gebäuden abhebt, geht es zu Fuß weiter über Felder und Weidegrund zur Hütte von Christianas Familie. Wir sind überwältigt, wie viele Gemeindemitglieder uns auf dem Weg dorthin begleiten, uns begrüßen, bestaunen und an die Hand nehmen. Christiana erkenne ich sofort von den Fotos. Sie lächelt schüchtern und gibt uns allen die Hand. Auch ein Teil ihrer Familie ist da, um uns zu begrüßen, der Rest arbeitet auf dem Feld, um den gefallenen Regen zu nutzen. Wir haben Zeit, uns ein wenig zu unterhalten, und Christiana zeigt uns die verschiedenen Wohnbereiche, abgetrennte „Zimmer“, traditionell aus Lehm gebaut: eines für die Mutter, eines für den Vater und eines für die Kinder; unter dem Dachvorsprung die Kochstelle und ein Silo, um die Vorräte zu sichern. Besonders stolz ist sie auf ihren Hund und auf ihr Moskitonetz, das über ihrer Bastmatte hängt.
Versammlung unterm Mangobaum
Schön zu sehen ist, dass Christiana immer mehr Vertrauen zu mir gewinnt und auf dem Weg zur großen Versammlung unter dem Mangobaum bei der Schule nicht mehr von meiner Seite weicht. Frauen, Männer und Kinder der Gemeinde haben sich unter dem riesigen Mangobaum versammelt und warten gespannt auf die Begrüßung des Chiefs – zum Glück haben wir Mr. Kamal dabei, der für uns die lokale Sprache ins Englische übersetzt. Mich berühren die vielen Menschen, die mich anlächeln und uns ebenfalls in ihrer Sprache begrüßen. Bei den musikalischen Beiträgen stimmt das ganze Dorf mit ein und Christiana und ihre Freundinnen tanzen uns den traditionellen „Bina“ vor. Wir sind beeindruckt von so viel Fröhlichkeit, Freude und Anteilnahme an unserem Besuch.
Jagd nach Seifenblasen
Nach der Versammlung überreichen wir Christiana unser Geschenk – eine Tasche gefüllt mit Schulmaterial und Seifenblasen. Diese sind der Hit und sorgen für großes Staunen bei Jung und Alt. Alle wollen wissen, wie das „magische“Wasser entsteht. Die Kinder kriegen sich fast nicht mehr ein und jagen jubelnd sämtlichen Seifenblasen hinterher. Zum Abschluss spielen wir noch eine Runde Frisbee, die ich Christiana letztes Jahr zum Geburtstag geschickt habe. Auch wir werden reich beschenkt von Christianas Familie – ihr Vater hat uns zwei traditionelle Körbe geflochten und ihre Eltern bedanken sich für unseren Besuch.
Dann ist es leider Zeit, zu gehen – hier hätten wir gerne noch mehr Stunden verbracht! Natürlich verabschiedet uns die ganze Gemeinde winkend und lachend und wir winken und lachen zurück – da hat sich unsere abenteuerliche Fahrt nach Wa doch gelohnt und wir gehen mit vielen tollen Eindrücken im Gepäck und Christianas Lächeln in unseren Gedanken wieder auf Reise durch das Land.