
Wasser Marsch für Frauen in Togo!
Adjaratou steht auf ihrer eigenen Farm im Norden Togos und hält ein Bündel frisch geernteter Zwiebeln in der Hand. Die Sonne wärmt ihr Gesicht, und ein Lächeln huscht über ihre Lippen. Noch vor zwei Jahren schien dieser Moment des Friedens für die 28-jährige Mutter von drei Kindern unvorstellbar.
Damals war sie auf der Flucht aus ihrer Heimat in Burkina Faso, wo ihr Leben nach einem Angriff bewaffneter Gruppen aus den Fugen geriet. Ihr Mann verschwand in den Wirren des Überfalls, und Adjaratou musste ihre Kinder allein in Sicherheit bringen. Alles, was sie an Hab und Gut besessen hatte, musste sie zurücklassen. „Was ich durchgemacht habe, hat viele Wunden in meinem Herzen hinterlassen“, erinnert sie sich. „Ich war ängstlich, hatte Alpträume und verfiel in Depressionen.“

„Bevor sie gingen, töteten sie zwei Menschen, um uns zu zwingen, das Dorf zu verlassen.“
Die Sahelkrise und ihre Folgen
Seit fast zwanzig Jahren herrscht in der Sahelregion eine folgenschwere Krise. In Ländern wie Burkina-Faso, Mali und Niger gehören Angriffe bewaffneter Gruppen zum Alltag. Zusätzlich erschweren Mangelernährung, geringe medizinische Versorgung und die Folgen des Klimawandels das Leben für die Zivilbevölkerung. All diese Faktoren zusammengenommen haben bereits Millionen Menschen zur Flucht gezwungen.

In Togo – insbesondere in der Region Savanes im Norden, an der Grenze zu Burkina-Faso – hat sich die Sicherheitslage drastisch verschlechtert. Es kommt zu Morden, Hausbränden, Plünderungen von Vieh und Nahrungsmitteln und Zwangsvertreibungen. In dieser Situation sind Kinder besonders schutzlos. Auch die Wasserversorgung in der Region ist katastrophal. Im Grenzgebiet zu Burkina-Faso haben nur etwa 58 Prozent der Bevölkerung Zugang zu Trinkwasser; mit dem Zustrom von Vertriebenen wird der Bedarf an Trinkwasser immer größer.


Der Angriff in der Nacht
Im schwindenden Licht eines gewöhnlichen Abends änderte sich auch das Leben von Damata für immer. Die 43-jährige Mutter von sechs Kindern war gerade von den Feldern zurückgekehrt, als sie etwa 100 bewaffnete Männer in der Nähe ihres Hauses bemerkte. „Sie befahlen uns, unser Dorf innerhalb von drei Tagen zu verlassen“, schildert Damata mit ruhiger Stimme. Für ihre Familie war dies der Beginn einer traumatisierenden Flucht aus Burkina-Faso.
Drei Tage später kehrte die bewaffnete Gruppe zurück und sprach eine letzte Warnung an die zurückgebliebenen Frauen und Kinder aus. „Bevor sie gingen, töteten sie zwei Menschen, um uns zu zwingen, das Dorf zu verlassen“, sagt Damata. Da sie keine Zeit zum Trauern hatte, nahm sie ihre Kinder und schloss sich zwei anderen Familien auf einer verzweifelten Reise an. Während sie retteten, was sie konnten, schlugen die bewaffneten Männer erneut zu und verbrannten ihre Habseligkeiten und Karren. Mit nichts mehr zu verlieren, machte sich der Tross Richtung Süden auf.
Der harte Neuanfang in Togo
Die ersten Tage im Norden Togos beschreibt Damata als ein einziges Elend. „Es war schwierig, eine Unterkunft zu finden“, sagt sie. Zusammen mit fünf ihrer Kinder und anderen vertriebenen Familien – insgesamt 40 Personen, darunter 30 Kinder – kam sie in Togo an. Ihr Mann war mit einer ihrer Töchter nach Ghana gegangen, da es für ihn in Togo kein Land zu bewirtschaften gab.
In ihrer Heimat war Damata Köchin gewesen und hatte Lebensmittel verkauft, um ihre Familie zu ernähren. Aus einem Brunnen im Garten konnte sie sauberes Wasser schöpfen. In Togo war diese Sicherheit verschwunden. Ungeschützte Brunnen boten ihr anfangs nur wenig Wasser. „Wir mussten meist bis nach dem Abendessen warten, um Wasser zu holen“, erklärt sie. „Selbst dann warteten mehrere Frauen, und es war schwierig, auch nur zwei Kanister zu füllen.“

„Meine Kinder konnten nicht zur Schule gehen und waren den Gefahren der Straße ausgesetzt.“
Für Adjaratou war die Flucht nach Togo ebenfalls hart. Als sie 2022 dort ankam, sah sie sich mit Hunger, Krankheit und Verzweiflung konfrontiert. Ohne Unterkunft, Nahrung oder Kleidung kämpfte sie um den Schutz ihrer Kinder. „Es war sehr schwer“, sagt sie. „Meine Kinder konnten nicht mehr zur Schule gehen und waren den Gefahren der Straße ausgesetzt. Ich hatte nicht einmal Zugang zu medizinischer Versorgung. Ich fühlte mich im Stich gelassen.“ Der plötzliche Verlust ihrer sicheren Heimat und die Ungewissheit über ihre Zukunft machten der jungen Mutter sehr zu schaffen.
Vollkommen auf sich allein gestellt, leiden vor allem die vertriebenen Mädchen und Frauen. Sie haben Schwierigkeiten, ein Einkommen zu erwirtschaften und sind verschiedenen Risiken, darunter sexuelle Ausbeutung und Missbrauch, ausgesetzt. Diese können irreparable Folgen für ihr Leben haben.


Ein Hoffnungsschimmer in der Not
Doch inmitten dieser Not gab es für Adjaratou einen Hoffnungsschimmer. Von der örtlichen Gemeinde willkommen geheißen und von Organisationen wie Plan International und dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) unterstützt, lernte Adjaratou ihre Rechte als Geflüchtete kennen. Sie bekam auch die Möglichkeit, an sozialen und wirtschaftlichen Aktivitäten teilzunehmen.
„Es war eine Erleichterung zu wissen, dass ich hier Rechte habe“, sagt sie. „Die Aufklärungsgespräche machten mir Mut und gaben mir das Gefühl, nützlich zu sein.“ Unter anderem lernte sie, wie man einen Asylantrag stellt und wie sie ihren Status als Geflüchtete erhalten konnte.

Schließlich wurde Adjaratou eingeladen, sich „Binkalé“ anzuschließen, einer Gärtnereigruppe, die Vertriebene sowie Mitglieder der Gastgemeinde aufnimmt. Sie erhielt ein Stück Land und damit eine Chance, ihre eigenen Lebensmittel anzubauen – und ihre Unabhängigkeit zurückzugewinnen. Doch die ersten Tage waren schwierig. Da es keine zuverlässige Wasserquelle gab, musste sie weite Strecken zurücklegen, um Wasser aus einem tiefen Brunnen zu holen. Ihre Ernte war mager und ihr Einkommen gering. „Es war anstrengend“, gibt sie zu.
Für Damata kam die Hoffnung in Form eines neuen Bohrlochs zurück. Als sich die Nachricht verbreitete, dass das „Nataan Man“-Projekt von Plan International eine Wasserstelle in ihrem Dorf bauen würde, war die Erleichterung in der Gemeinde groß. „Wir waren alle überglücklich“, sagt Damata mit einem müden Lächeln.
Dank des neuen Brunnens müssen die Frauen keine langen Wege mehr zurücklegen, um sauberes Wasser zu holen, und auch nicht mehr in der Dunkelheit warten. „Jetzt haben wir Wasser ganz in der Nähe und jederzeit verfügbar“, sagt Damata.

Die Saat für eine blühende Zukunft säen
Auch für Adjaratou wendete sich das Blatt dank einem halbautomatischen Bewässerungssystem, das mit einer Solarpumpe, Rohren und einem Wassertank ausgestattet ist. In Verbindung mit einer Schulung in Gemüseanbautechniken – Bodenvorbereitung, Anlegen von Pflanzgefäßen und Kompostierung – gedieh ihre Parzelle prächtig. Innerhalb von drei Monaten erntete sie Zwiebeln, Tomaten und Okraschoten in Hülle und Fülle.
„Wir haben jetzt Wasser, und alles wächst gut“, freut sie sich. Mit den Einkünften aus ihren Ernten kann sie ihre Miete bezahlen, ihre Kinder ernähren und sich wieder mehr um sie kümmern. „Ich bin endlich wieder glücklich.“


Der Welleneffekt von sauberem Trinkwasser
Für Damata brachte der neue Brunnen neben dem praktischen Nutzen auch ein Stück Würde zurück. „Wenn eine Frau ihre Periode hat, kann sie sich jetzt waschen und ihre Intimhygiene erledigen, ohne bis zum Abend warten zu müssen“, erklärt sie.
In einem von Gewalt zerrütteten Leben fühle sich dieser kleine Akt der Kontrolle ganz groß an. Doch auch ihr Zugehörigkeitsgefühl hat sich dank des Projekts von Plan International deutlich verbessert. Die Workshops halfen ihr und ihren Kindern, neue Kontakte zu knüpfen. „Es ist für uns einfacher geworden, Beziehungen zu unseren Gastfamilien aufzubauen“, sagt Damata. Bei einer einheimischen Familie, die ihr Haus für die Mutter und ihre Kinder geöffnet hat, hat sie inzwischen etwas Stabilität gefunden.
Doch ihre Gedanken kreisen um das, was sie verloren hat – ihren Mann und ihre Tochter in Ghana, das Land, das sie nicht mehr bewirtschaften kann, das Leben, das sie hinter sich lassen musste. „Ich hoffe, dass eine Lösung für diese Krise gefunden wird“, sagt sie, “damit andere Familien nicht das Gleiche durchmachen müssen wie wir.“
Zwei Mütter, eine Hoffnung
Zwei Jahre nach der Vertreibung ist Damatas Geschichte eine von Überlebenswillen und stiller Stärke. In einer von Gewalt gezeichneten Region ist sie der Beweis dafür, dass selbst kleine Taten der Unterstützung einen großen Unterschied machen können.
Adjaratou geht es ähnlich. Sie ist heute ein wichtiger Teil ihrer neuen Gemeinde, ihr Status als Geflüchtete tritt immer mehr in den Hintergrund. Zusammen mit den Ernten wachsen auch ihre Ambitionen. „Ich möchte einen kleinen Raum mieten, um meine Produkte zu verkaufen und mich an der Entwicklung meiner neuen Heimat zu beteiligen“, sagt sie mit entschlossener Stimme.

Die dreifache Mutter hofft, dass solche gemeinnützigen Projekte wie das von Plan International weitergeführt und mehr Frauen unterstützt werden. „Ich habe gelernt, wie ich Lebensmittel anbauen kann, anstatt auf Almosen zu warten. Jetzt kann ich mich selbst versorgen.“ Während sie ihre Parzelle pflegt, sät Adjaratou die Saat für eine bessere Zukunft – für sich, ihre Kinder und ihre neue Gemeinde.
Die Geschichten von Adjaratou und Damata wurden mit Material aus dem Plan-Büro in Togo gesammelt und aufgeschrieben.