Als ein Großvater lernte, Nahrung neu zu denken

Foto: Plan International

Die Mangelernährung seiner Enkelin hinterließ stille Spuren. Für Phat begann eine Reise zwischen Gartenbeeten und Küchentöpfen, auf der er lernte, Nahrung und Fürsorge neu zu verstehen.

Am frühen Morgen arbeitet Phat in seinem kleinen Garten, die Hände tief in der Erde. Zwischen den schmalen Beeten stehen Spinat, Wasserspinat und Senfblätter, die er selbst gepflanzt hat. Neben ihm trocknet seine Frau Fisch in der Sonne, während Wasser aus dem nahegelegenen Teich leise plätschert, in dem er Welse züchtet. Auf den ersten Blick wirkt es wie ein gewöhnlicher Tag in einem Dorf der Provinz Siem Reap in Kambodscha. Für Phat jedoch ist jeder Handgriff ein Schritt hin zu einem besseren Alltag für seine Familie.

Noch vor wenigen Jahren sah das Leben anders aus. „Wir wussten kaum, was gesundes Essen wirklich bedeutet“, erzählt Phat. „Oft gab es nur Reisbrei, das war für uns normal.“ Heute weiß er, dass genau diese Einfachheit seiner Enkelin fast zum Verhängnis geworden wäre.

Vater und Tochter in Kambodscha
Phat hat seine kleine Enkelin wieder gesund gepflegt Plan International

Ein Kind verliert an Gewicht

Phat lebt mit seiner Frau, sechs Kindern und seiner kleinen Enkelin in einem einfachen Holzhaus am Rand des Bezirks Banteay Srei. Seine Tochter hatte das Mädchen früh bekommen und bald darauf das Dorf verlassen, um in einer anderen Provinz Arbeit zu finden. Zurück blieb ihre fünfjährige Tochter, in der Obhut der Großeltern.

„Sie wollte plötzlich nicht mehr essen“, erinnert sich Phat. „Wir versuchten alles, aber sie spuckte das Essen aus.“ In der Not gaben die beiden dem Kind nur noch dünnen Brei aus Reis und etwas Salz. Mit jedem Monat verlor das Mädchen an Gewicht, die Arme wurden dünner, das Gesicht blasser.

Unterernährung in Kambodscha

Unterernährung ist in Kambodscha ein weit verbreitetes, oft unsichtbares Problem. Rund 22 Prozent der Kinder unter fünf Jahren leiden an Wachstumsverzögerung – das heißt, sie bleiben zu klein für ihr Alter. In ländlichen Regionen wie Siem Reap, wo viele Familien von der Landwirtschaft leben und Einkommen schwanken, sind die Zahlen noch höher.

Die Ursachen reichen von Armut über unzureichende Ernährung bis hin zu fehlendem Wissen über kindliche Entwicklung. Viele Eltern erkennen die Warnzeichen nicht: ein Kind, das klein bleibt, träge wirkt, kaum Appetit zeigt. In ländlichen Gemeinden gilt dies häufig als „durchschnittliches Wachstum“. Erst wenn Krankheiten auftreten oder das Gewicht gefährlich niedrig ist, wird das Ausmaß sichtbar.

 

Luftaufnahme in Kambodscha
Ein Blick aus der Vogelperspektive in Kambodscha Thomas Cristofoletti

„Ich war erschrocken über die Diagnose. Ich hatte Angst, sie zu verlieren.“

Phat (57), über die Unterernährung seiner Enkelin

Auch strukturelle Probleme verschärfen die Situation: Gesundheitseinrichtungen liegen oft weit auseinander, sodass Schwangere oder Familien mit kleinen Kindern nur schwer Zugang zu ärztlicher Beratung oder Vorsorgeuntersuchungen haben. Bildungsangebote zu Ernährung sind begrenzt, in vielen Regionen fehlen Informationsveranstaltungen oder Workshops, die erklären, welche Nahrungsmittel in der Schwangerschaft und für Kleinkinder wichtig sind.

Neue Wege

Als Mitarbeiter:innen des Projekts “Healthy Start” von Plan International das Dorf besuchten, wurde auch Phats Enkelin untersucht. Die Diagnose: mittelschwere akute Unterernährung.

Im Rahmen des Projekts erhielten betroffene Familien nicht nur Aufklärung, Prävention und praktische Unterstützung, sondern auch Wissen über Ernährung, Hygiene, Pflege, den Anbau nährstoffreicher Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel. Schulungen richten sich gezielt an Eltern und Großeltern, die in Kambodscha oft die Hauptverantwortung für Kleinkinder tragen.

Phat vor Welszucht
Phat kümmert sich um seine Welszucht Plan International
Vater in Kambodscha gießt Gemüse
Phat gießt das grüne Gemüse, das er in seinem Garten anbaut Plan International

Vom Lernenden zum Lehrer

Nach den ersten Wochen begann Phat, das Gelernte umzusetzen. Er legte neue Beete an, baute einen kleinen Teich für Welse und kochte täglich nahrhafte Mahlzeiten für die Familie. „Ich wollte, dass meine Enkelin wieder lacht“, sagt er. „Kein Reisbrei mehr allein.“

Bald zeigte sich der Erfolg: Das Mädchen nahm an Gewicht zu, wurde aktiver, spielte wieder. „Heute rennt sie durch den Garten und hilft mir beim Gießen“, sagt Phat lächelnd. Doch der Wandel blieb nicht auf seine Familie beschränkt. Nachbar:innen fragten nach Tipps, und Phat teilte sein Wissen über Gemüseanbau und abwechslungsreiche Mahlzeiten. „Wir lernen alle voneinander“, sagt er. Was mit Sorge begann, wurde zu einer leisen, gemeinschaftlichen Bewegung.

Ein neues Kapitel

Als die Sonne über Siem Reap untergeht, sitzt Phat vor seinem Haus und beobachtet seine Enkelin beim Spielen. Auf dem Herd köchelt eine Suppe aus frischem Spinat und Fisch. Früher wusste er nicht, wie er seine Familie richtig ernähren sollte. Heute hat er gelernt, wie man Kinder ausgewogen versorgt, und gibt dieses Wissen an seine Familie und Nachbarn weiter. Neues Gemüse wächst im Garten, und damit die Hoffnung, dass auch künftige Generationen gesund aufwachsen.

„Ich werde dieses Wissen immer weitergeben”, sagt Phat. „An meine Kinder, an meine Nachbarn. Damit kein Kind mehr hungern muss”.

Die Geschichte von Phat und seiner Familie wurde mit Material aus dem kambodschanischen Plan-Büro aufgeschrieben. 

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