Die Frauen mit dem grünen Daumen

Foto: Quinn Neally

Eine neue Generation von Landwirtinnen in Ghana rüstet ihre Betriebe für den Klimawandel und schafft nachhaltige Lebensgrundlagen für ihre Gemeinden.

Olivia Kipo hockt in einer Reihe von Ackerfurchen, in denen kleine Paprikasetzlinge zögerlich aus der Erde ragen. Mit einer Sichel schneidet die 24-Jährige Unkraut. „Wenn ich darüber nachdenke, wie klein ein Samenkorn ist“, bemerkt die Kleinbäuerin, „wie es in die Erde gesteckt wird, keimt und dann schließlich als Nahrung für so viele Menschen dient – dann komme ich aus dem Staunen nicht mehr heraus.“

Hier, in den ländlichen Gebieten im Norden Ghanas, ist Hunger ein wachsendes Problem. Die Auswirkungen des Klimawandels sind deutlich spürbar: ausbleibende Niederschläge, Überschwemmungen, unvorhersehbare Jahreszeiten und Regenmuster. Die traditionellen Landwirtschaftspraktiken reichen nicht aus, um die Ernte vor diesen Einflüssen zu schützen.

Ein kleiner Paprikasetzling ragt aus der Erde Quinn Neally
Olivia prüft die Bodenqualität ihres Ackers Quinn Neally

„Der Klimawandel macht uns schwer zu schaffen“, sagt Olivia, die als kleines Mädchen beobachtet hat, wie ihre Eltern dieses Land bewirtschafteten – damals, als Regenfälle noch zuverlässiger kamen. „Gerade gibt es gar keinen Niederschlag. Eigentlich sollten wir inzwischen mit der Aussaat fertig sein, aber es zieht sich alles nach hinten raus.“

„Der Klimawandel macht uns schwer zu schaffen.“

Olivia (24), baut im Norden Ghanas Gemüse an

Kurse zu nachhaltiger Landwirtschaft eröffnen neue Möglichkeiten

Nach dem Abschluss ihres Studiums in der Biochemie stieß Olivia auf einen von Plan International durchgeführte Weiterbildung zu „Green Skills“ (grüne/ökologische Fähigkeiten). Dort lernte sie umweltfreundliche Anbaumethoden und Tricks, wie sie das Beste aus ihrer Anbaufläche herausholen kann. Zum Beispiel, dass mit dem Einsatz von Mulch auf dem Ackerboden die Feuchtigkeit nach dem Gießen nicht so schnell verdunstet. Zusätzlich erwarb sie Wissen im Bereich Marketing, Branding und allgemeiner Unternehmensfühhrung.

„Das ‚Green Skills‘-Programm wurde entwickelt, um Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen“, erklärt Abigail Mamle Teye. Sie ist Jugendbeauftragte von Plan International Ghana, leitet das Projekt und fungiert als Mentorin für die jungen Landwirt:innen. „Wir haben uns besonders auf den umweltfreundlichen Anbau konzentriert“, sagt Teye, „das verschafft den jungen Erwachsenen einen Vorteil: Sie erhalten wichtige Fähigkeiten für den Arbeitsmarkt und kennen einzigartige Methoden für nachhaltige Landwirtschaft.“

Dass sie Abigail an ihrer Seite weiß, beruhigt Olivia sehr: „Sie ist rund um die Uhr für mich da und gibt mir Ratschläge, wenn ich Probleme mit meinem Geschäft habe.“ Inzwischen verkauft Olivia ihre Gurken, Tomaten, Paprikas, Kohlköpfe und Chilischoten nicht nur in der unmittelbaren Umgebung, sondern auch an Restaurants in der Hauptstadt Accra.

„Die Schulung von Plan International hat meine Sichtweise komplett verändert“, berichtet Olivia. „Ich habe erkannt, dass ich auch als Landwirtin meine Produkte vermarkten sollte, um mehr Kundschaft zu erreichen. Ich habe auch ein motorisiertes Dreirad bekommen, damit ich meine Ware sicher ausliefern kann.“

Olivia pflanzt Sätzlinge Quinn Neally
Olivia hat im Rahmen des „Green Skills“-Projekts ein motorisiertes Dreirad erhalten Quinn Neally

Klimakrise bringt Regenzyklen durcheinander

Wie die meisten anderen Länder Westafrikas – und der übrigen Welt – kämpft auch Ghana mit Langzeitfolgen der Covid-19-Pandemie, wirtschaftlichen Problemen wie Inflation sowie steigenden Lebensmittel- und Kraftstoffpreisen, die durch den Krieg in der Ukraine noch verstärkt werden.

Humanitäre Organisationen warnen, dass es in Ghana bald zu Nahrungsmittelknappheit und Hunger kommen könnte, wenn nicht schnell gehandelt wird. Die Farmer:innen müssen lernen, sich anzupassen. Insbesondere in der nördlichen Region gibt es nur eine Regenperiode im Jahr und diese wird, so Teye, zunehmend unberechenbar.

„Es ist schwieriger geworden, das Land zu bewirtschaften.“

Abigail Mamle Teye, Jugendbeauftragte von Plan International Ghana

„Es ist schwieriger geworden, das Land zu bewirtschaften“, erklärt sie. „Früher konnten die Bauern das Regenmuster vorhersagen und auf dieser Grundlage planen, wann sie säen, jäten und ernten können.“ Da junge Menschen einer immer ungewisseren Zukunft entgegenblicken, die durch die Folgen des Klimawandels beeinträchtigt wird, ist Teye der Ansicht, dass Fähigkeiten in nachhaltiger Landwirtschaft immer weiter an Bedeutung gewinnen.

Abigail Mamle Teye leitet das Projekt und ist Mentorin für die Teilnehmer:innen Quinn Neally
Christiana (links) ist Kürbisfarmerin im Norden von Ghana Quinn Neally

Beratung und neue Geräte bringen Landwirtinnen weiter

Ganz in der Nähe betreibt Christiana Sunbabaara (27) eine Kürbisfarm. „Der Kürbis ist eine wirklich interessante Pflanze. Er ist pflegeleicht und wächst fast überall. In dieser Region wird er kaum angebaut, aber er hat viele gesunde Nährstoffe.“

Christiana, die schon von klein auf ihrem Vater auf dem Feld geholfen hat, profitierte von dem „Green Skills“-Projekt, als ihr Betrieb in besonderen Schwierigkeiten war. Mit Unterstützung von Plan International konnte sie weitere Geräte kaufen: einen Zerkleinerer und eine Ölpresse. Jetzt kann sie auch verarbeitete Kürbisprodukte verkaufen, wie Kürbis-Kerne, -Öl und -Pulver. „Mein Geschäft war am Ende, als Plan in mein Leben trat. Ich habe dringend benötigte Hilfe erhalten.“

Die Landwirtschaft hat Christiana bereits ihr ganzes Leben lang begleitet Quinn Neally

Jetzt versorgt Christiana die Region mit Lebensmitteln und kann sogar Frauen aus der Gemeinde auf ihrem Hof beschäftigen. In Zukunft möchte sie andere dabei unterstützen, ein eigenes Unternehmen aufzubauen.

Die Zukunft der Landwirtschaft

Doris Siibu (27) bewirtschaftet in der Region 14 Hektar Ackerland mit Mais und Sojabohnen. Für sie ist die Landwirtschaft ihr Beitrag, um gegen die Mangelernährung in ihrer Heimat vorzugehen. „Meine Farm soll der Gesundheit meiner Gemeinde dienen“, sagt sie mit entschlossener Miene. „Die beliebtesten Mahlzeiten werden aus Mais hergestellt: es sind Banku und Tou Zaafi (Maisklöße und -brei). Wenn ich also den Hunger unter meinen Mitmenschen stoppen will, sollte ich das liefern, wovon sie am meisten essen.“

„Meine Farm soll der Gesundheit meiner Gemeinde dienen.“

Doris (27), baut Mais und Sojabohnen an
Doris bewirtschaftet 14 Hektar Land mit Sojabohnen und Mais Quinn Neally
Doris holt Wasser aus einem nahegelegenen Fluss Quinn Neally

Doris berichtet, dass sie wegen der Klimakrise nicht mehr richtig schlafen kann. Die Schulung kam für sie genau zum richtigen Zeitpunkt. „Was wir derzeit in Ghana erleben, ist nicht gut, es ist besorgniserregend. Als junge Frau in der Landwirtschaft ist es schwer, die negativen Auswirkungen des Klimawandels auf uns und die Landwirtschaft zu beobachten.“

Für Christiana indes ist ihre inzwischen florierende Farm ein Rettungsanker geworden: „Die Landwirtschaft bringt Nahrung. Es macht mich sehr glücklich, dass ich in der Lage bin, Lebensmittel zu ernten und viele Menschen in der Gemeinde zu ernähren.“

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