
"Unsere Stimme zählt!"
In Guinea-Bissau ist die Menstruation für viele Mädchen und Frauen nicht nur ein biologischer Vorgang, sondern eine stille Krise. Fehlender Zugang zu sicheren und bezahlbaren Hygieneprodukten, unzureichende sanitäre Einrichtungen, mangelnde Aufklärung sowie tief verwurzelte Tabus führen dazu, dass Mädchen während ihrer Periode regelmäßig die Schule verpassen, oder sich sogar völlig zurückziehen. Viele greifen notgedrungen auf alte Stoffe, Laken oder improvisierte Materialien zurück, was das Risiko für Infektionen und andere gesundheitliche Schäden erhöht.
Hinzu kommt, dass Menstruation in vielen Familien und Gemeinden als Tabuthema gilt. Unwissenheit, kulturelle Stigmatisierung und die fehlende Einbindung männlicher Bezugspersonen verschärfen die soziale Ausgrenzung weiter. Dadurch wird ein Gefühl der Scham erzeugt, das sich bereits im Kindesalter festsetzt. Genau gegen dieses Gefühl wollen Mädchen und junge Frauen jetzt aufbegehren – und das Schweigen sowie die Diskriminierung aufgrund der Periode endgültig beenden.


Mädchen fordern Würde und Teilhabe für alle
Anlässlich des Internationalen Tages der Menstruationsgesundheit am 28. Mai versammelten sich rund 200 Mädchen in der Hauptstadt Bissau, um ein starkes Zeichen zu setzen. Eine von ihnen ist die 18-jährige Carla, die am Aktionstag stellvertretend für viele Gleichaltrige das Tabuthema ganz offen ansprach. Ihre Botschaft: Alle Mädchen und Frauen sollten Zugang zu Bildung und Hygieneartikeln haben, um ihre Menstruation in Würde durchlaufen zu können und über ihre sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte Bescheid zu wissen.
Im Rahmen der Veranstaltung stellte Carla, Mitglied der Jugendplattform Nha Fala („meine Stimme“), konkrete Empfehlungen vor, die sie gemeinsam mit anderen jungen Aktivistinnen erarbeitet hatte. Diese Empfehlungen haben zum Ziel, die Lebensrealität menstruierender Mädchen und Frauen in Guinea-Bissau langfristig zu verbessern.
Jugendliche gestalten Wandel
Plan International unterstützt die Initiative der Jugendlichen im Rahmen des Projekts Girls Out Loud. Damit will die Kinderrechtsorganisation jungen Stimmen mehr Gewicht und Sichtbarkeit geben, sodass nicht länger über ihre Köpfe hinweg gehandelt wird. Carla und ihre Mitstreiterinnen haben es so geschafft, ihre Forderungen an höchste Stellen der Regierung heranzutragen – ein bedeutender Schritt in einem Land, in dem junge Frauen oft wenig Gehör finden.
Medard Ouinsavi, Landesdirektor von Plan International in Guinea-Bissau, betont: „Wenn wir in die Bildung und Selbstständigkeit junger Menschen investieren, profitiert die gesamte Gesellschaft davon.“



Ein Appell an die Verantwortungsträger und an die Gesellschaft
Nach der Veranstaltung macht Carla noch einmal deutlich: „Viele Mädchen schämen sich, über dieses Thema zu sprechen, noch mehr über ihre eigene Menstruation.“ Mit ihrer Rede hat sie nicht nur Aufmerksamkeit für ein Tabuthema geschaffen, sondern auch Mut gemacht. Mut, die systematische Diskriminierung von menstruierenden Mädchen und Frauen endlich zu sehen und anzugehen.
„Wir glauben, dass diese Maßnahmen die Realität für Tausende von Mädchen in Guinea-Bissau verändern können, damit keine von uns mehr die Schule versäumt oder sich für ihren natürlichen Zyklus schämen muss“, betont die Aktivistin.
Der Artikel wurde mit Material aus dem Plan-Büro in Guinea-Bissau erstellt.