
Gemeinsam Wandel gestalten
In ländlichen Regionen von Nordlaos sehen sich viele Familien mit Herausforderungen rund um frühe Heirat und fehlende Aufklärung konfrontiert. In enger Zusammenarbeit mit lokalen Partnerorganisationen begleitet Plan International ein Projekt, das Eltern, Jugendliche und Gemeinden stärkt, offen über Sexualität und Gesundheit zu sprechen – damit die Menschen vor Ort, besonders Mädchen und junge Frauen, selbstbestimmte Entscheidungen treffen können.
Frühe Heirat, wenig Perspektiven
In Nordlaos, insbesondere in abgelegenen Regionen und unter ethnischen Minderheiten wie beispielsweise die Khmu, Hmong oder die Akha gehören frühe Heirat und junge Mutterschaft zur Lebensrealität vieler Mädchen.


Daten aus dem Jahr 2023 zeigen: Rund ein Drittel (31 %) der Frauen in Laos heiratet vor ihrem 18. Lebensjahr, und fast jede Fünfte (17,4 %) wird bereits vor ihrem 18. Geburtstag Mutter. Besonders betroffen sind Mädchen aus ländlichen oder einkommensschwachen Haushalten. Was folgt, sind oft Schulabbrüche sowie ein eingeschränkter Zugang zu wirtschaftlicher Sicherheit und Selbstbestimmung.
Traditionelle Rollenbilder, ökonomischer Druck und das Fehlen altersgerechter Gesundheitsinformationen tragen dazu bei, dass viele junge Menschen ihre Rechte nicht kennen oder nicht einfordern können. Wenn allerdings ein Austausch auf Augenhöhe initiiert wird, zeigen sich viele Gemeinden dafür offen.


Erfahrungen aus dem Alltag
Für Seng (45) und Boonsong (52), ein Ehepaar aus der ethnischen Gruppe der Khmu, war das unvoreingenommene Gespräch über Sexualität mit ihren Kindern lange ein Tabuthema – aus Unsicherheit, Scham und gesellschaftlicher Stigmatisierung. „Früher dachte ich, dass es besser sei, meine Kinder früh heiraten zu lassen, als gegen die Erwartungen der Gemeinde zu handeln“, erinnert sich Seng.
Zusammen mit anderen Organisationen, die sich in Laos bereits seit Jahren für Geschlechtergerechtigkeit und Familiengesundheit einsetzen, hat Plan International ein Projekt ins Leben gerufen. Es setzt genau dort an, wo die gesellschaftlichen Tabus beginnen. Über mehrere Wochen fanden in Boonsongs und Sengs Dorf Workshops statt, in denen Eltern und Jugendliche in einem sicheren Rahmen über körperliche Entwicklung, Geschlechterrollen, Verhütung und Kommunikation in der Familie sprechen konnten. Lokale Moderator:innen begleiteten die Treffen sensibel und kulturspezifisch, im ständigen Dialog mit den Teilnehmenden.
„Ich wünsche mir, dass meine Kinder ihre Entscheidungen auf der Basis von Wissen treffen können, nicht aus Angst handeln.“
Veränderung von innen heraus
Für Boonsong war besonders wichtig zu verstehen, dass frühe Heirat langfristige Folgen für die Gesundheit und Bildung junger Menschen haben kann. „Ich möchte meine jüngste Tochter unterstützen, nicht über sie bestimmen“, sagt er. Seng ergänzt: „Ich habe gelernt, wie ich mit meinen Töchtern über Menstruation sprechen kann. Und meinem Sohn habe ich erklärt, was es heißt, Verantwortung zu übernehmen.“
Die Methoden des Projekts – etwa Rollenspiele, Diskussionsrunden und interaktive Lernmaterialien – luden die Teilnehmer:innen dazu ein, eigene Erfahrungen zu reflektieren und gemeinsam neue Denkmuster zu entwickeln. Viele Eltern berichten, dass sie heute ihre Kinder ermutigen, Fragen zu stellen, und das Thema Sexualität nicht länger mit Schweigen belegen.
Wissen weitergeben, Räume schaffen
Auch die Jugendlichen selbst bringen das Gelernte in ihre Lebenswelt ein. In Schülerclubs etwa tauschen sie sich über Körperwissen, Beziehungen und Sicherheit im Netz aus. Dabei nutzen sie digitale Plattformen, die altersgerechte Informationen zur reproduktiven Gesundheit bereitstellen. Tan (15), eine der Schülerinnen, erzählt: „Ich weiß jetzt besser, wie mein Körper funktioniert, und ich traue mich, Fragen zu stellen – auch zu Hause. Das war früher ganz anders.“ Solche Stimmen zeigen: Aufklärung verändert nicht nur Einstellungen, sondern auch Beziehungen. Das Projekt ist mittlerweile in 15 Dörfern aktiv, immer in Zusammenarbeit mit lokalen Institutionen wie dem Bezirksbildungsamt oder dem Frauenverband.
Projektkoordinator Phasouk betont: „Es geht nicht darum, vorgefertigte Antworten zu liefern. Wichtig ist, dass wir mit den Familien im Gespräch bleiben, dass wir gemeinsam lernen.“ Was das Projekt in erster Linie leisten will, ist Menschen einen uneingeschränkten Zugang zu Gesundheitsinformationen zu bieten und jugendgerechte Aufklärungsarbeit zu leisten. Die Praxis zeigt: Veränderung ist möglich und beginnt oft im Kleinen.

Wenn Gemeinschaften gemeinsam wachsen
Das Aufklärungsprojekt von Plan International versteht sich nicht als Lösung von außen, sondern als Einladung zum Dialog, mit Respekt für lokale Gegebenheiten und im Vertrauen auf die Stärke der Familien vor Ort.
„Ich wünsche mir, dass meine Kinder ihre eigenen Entscheidungen auf der Basis von Wissen treffen können, nicht aus Angst handeln“, sagt Seng. Boonsong ergänzt: „Was wir als Familie gelernt haben, gibt uns Nähe. Ich spreche jetzt lieber mit meinen Kindern, auch über schwierige Themen.“
Der Artikel wurde mit Material aus dem Plan-Büro in Laos erstellt.