Missbrauch und Ausbeutung: Haitis Kinder sind in Gefahr

Foto: Plan International

Die humanitäre Krise in Haiti weitet sich aus. Deshalb muss die internationale Staatengemeinschaft umgehend helfen – insbesondere den Kindern, schreibt Aurelie Surget von Plan International Haiti.

Die Kinder Haitis sind in einem Kreislauf aus Gewalt, Vertreibung und Hunger gefangen. Bewaffnete Gruppen reißen Familien auseinander, zwingen Menschen zur Flucht aus ihren Häusern. Schulen sind geschlossen. Statt lernen zu können, werden viele Kinder gezwungen, zu arbeiten. Ihnen droht Missbrauch und Ausbeutung. Plan International arbeitet unermüdlich daran, diese Kinder zu schützen. Aber wir brauchen Verstärkung.

„Die Krise in Haiti ist noch lange nicht vorbei. Der humanitäre Bedarf ist konstant und wächst.“

Aurelie Surget, Nothilfe-Managerin, Plan International Haiti

Im Oktober 2023 habe ich die Position der Nothilfe-Managerin bei Plan International Haiti übernommen. Es war eine Zeit des Übergangs, da die weltweite Hungerkrise allmählich an Aufmerksamkeit verlor. Aber die Daten, die wir in Sitzungen und Lageberichten sahen, zeichneten ein klares Bild: Die Krise in Haiti ist noch lange nicht vorbei. Der humanitäre Bedarf ist konstant und wächst, wobei unser Schwerpunkt auf dem Schutz von Kindern und Jugendlichen liegt, insbesondere im Hinblick auf geschlechtsspezifische Gewalt.

Ein Junge lehnt auf dem Schoß einer Person und schaut ernst in die Kamera
Ein Junge nimmt an einem Plan Event in einem kinderfreundlichen Raum in Haiti teil Plan International

Die komplexe Krise verursacht Chaos

Seitdem die Gewalt und Bandenkriminalität die Hauptstadt und weitere Teile des Landes einnehmen, hat sich die Situation massiv verschärft. Es handelt sich nicht nur um eine Hungerkrise, sondern auch um eine Sicherheitskrise. Überall, wo bewaffnete Gruppen Gewalt ausüben, sind Kinder und Jugendliche gezwungen zu fliehen und alles zurückzulassen. Diese Kinder werden Opfer von Gewalt, einschließlich sexueller Übergriffe, Ausbeutung und Missbrauch. Hinzu kommt, dass sichere Aufenthaltsräume sowie grundlegende Daseinsvorsorge wie Gesundheitsdienste, sauberes Wasser und Schulen aufgrund der beschädigten Infrastruktur oft nicht verfügbar sind.

Besonders schlimm ist die Lage im Département Artibonite, wohin viele Menschen vor der Gewalt in Port-au-Prince geflohen sind. Plan International Haiti hat seine Hilfe auf diese Region konzentriert.

„Mädchen erleben verstärkt sexuelle Gewalt oder werden früh verheiratet.“

Aurelie Surget, Nothilfe-Managerin, Plan International Haiti

Im Dezember 2023 haben wir an drei Orten Bedarfsanalysen durchgeführt: In Gonaïves, Gros Morne und Saint-Michel-de-l'Atalaye wurden Fokusgruppen befragt. Dabei wurde darauf geachtet, dass die Erfahrungen aller Altersgruppen und Geschlechter abgedeckt sind.

Mädchen sind ernsthaften Risiken ausgesetzt

Die Auswertung bestätigte unsere Befürchtungen: Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen mangelndem Schutz und Ernährungsunsicherheit, was auch Auswirkungen auf den Zugang zu Bildung hat. Kinder aller Altersgruppen wurden von ihren Familien getrennt, Mädchen erleben verstärkt sexuelle Gewalt oder werden früh verheiratet.

Zwei Mädchen sitzen auf Stühlen und sprechen in Mikrophone
Zwei Mädchen sprechen auf einem Plan-Event in Haiti. Plan International

In allen Zielgebieten wird weniger als die Hälfte der Kinder im schulpflichtigen Alter eingeschult. Grund dafür sind finanzielle Engpässe und dass viele Schulen wegen der sich verschlechternden Sicherheitslage geschlossen sind. 

Auf einer Autofahrt von Gonaïves nach Gros Morne sieht man die Ergebnisse der Befragung auf den Straßen widergespiegelt. Man trifft kaum noch auf Kinder, die wie früher in Schuluniformen unterwegs sind. Dafür sieht man Kinder, die auf der Straße betteln oder Kinder, die zu Fuß oder auf Eseln zur Arbeit auf den Feldern oder in der Stadt unterwegs sind. Der Begriff „Kinder, die Kinder haben“ wird verwendet, um die herzzerreißende Realität von Frühschwangerschaften zu beschreiben.

Vier Kinder sitzen auf Stühlen. Die zwe Mädchen in der Mitte lächeln sich an und sprechen miteinander.
Kinder nehmen an Plan-Programm in Haiti teil Plan International
Viele Kinder stehen in einem Kreis zusammen und schauen einer Person zu, die ein Gruppenspiel leitet.
In einem kinderfreundlichen Raum können Kinder spielen und ihre Ängste verarbeiten Plan International

Im Rahmen unserer Nothilfe-Aktivitäten arbeiten wir arbeiten eng mit Freiwilligen aus den Gemeinden zusammen, um Kinder zu identifizieren, die Hilfe benötigen. Außerdem richten wir kinderfreundliche Räume ein, in denen Kinder spielen, emotionale Unterstützung erhalten und einfach nur Kinder sein können. Zu sehen, wie diese Kinder lächeln, singen, tanzen und miteinanderspielen, ist die größte Belohnung für unsere Arbeit. 

Wir appellieren an die internationale Gemeinschaft, endlich das Schicksal der Kinder auf Haiti in den Blick zu nehmen. Insbesondere die Kinder, die vertrieben wurden, ihre Familie verloren und Gewalt erlitten haben, benötigen dringend Unterstützung. Dazu brauchen wir einen sicheren Zugang für die Hilfslieferungen und fordern eine sofortige Beendigung der Gewalt, um die Zivilbevölkerung und die humanitären Helfer:innen zu schützen.

Der Nothilfe-Fonds

Weltweit nimmt die Zahl der Krisen zu: Hunger, Naturkatastrophen, Vertreibung, Fluchtbewegungen und bewaffnete Konflikte bedrohen Gesundheit, Lebensgrundlagen und die Zukunft von Millionen Menschen. Gerade Kinder sind in unübersichtlichen Situationen der Not oft diejenigen, die am wenigsten Beachtung finden. Mit Ihrer Spende helfen Sie uns, betroffene Kinder und ihre Familien zu unterstützen.

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