El Niño im Blick: Vorbereitung auf den Katastrophenfall

Foto: Plan International

Das Klimaphänomen El Niño bedroht die Lebensgrundlage von Millionen von Menschen. Eine Gruppe Freundinnen bereitet sich und ihre Gemeinde in Peru auf den Katastrophenfall vor.

Die Sonne scheint auf die Gesichter einer Gruppe Teenagerinnen, die durch die Straßen von Piura laufen. An den Hauswänden sind die Spuren des vergangenen Hochwassers zu sehen – eine sichtbare Erinnerung an die Flut, die die Stadt im Nordwesten Perus vor einigen Monaten überschwemmt hat. 

Piura liegt nahe der Küste und wurde in diesem Jahr – wie die gesamte gleichnamige Region – von ungewöhnlich starken Regenfällen erfasst. Die intensive Regenzeit ist auf das Klimaphänomen El Niño zurückzuführen – insgesamt sind in Peru fast 840.000 Menschen von Überschwemmungen, Erdrutschen und Schlammlawinen betroffen.

Eine Gruppe Mädchen läuft an einem niedrigen Gebäude vorbei
Belén, María und weitere Mädchen laufen während ihres „Power Walks“ durch Piura Plan International

So auch Belén (15) und María (16), die mit ihren Freundinnen in der Mittagssonne durch die Straßen Piuras ziehen. „Wegen des Hochwassers waren wir mehr als zwei Monate lang isoliert“, erzählt Belén. „Vieles wurde überflutet, Häuser sind eingestürzt. Kinder wie ich, die weiter außerhalb wohnen, konnten nicht zur Schule oder ins Krankenhaus gehen. Manchmal haben wir es riskiert, den Fluss in Booten oder Reifen zu überqueren.“ Auch Lebensmittel konnte die Familie aufgrund der Isolation nicht günstig einkaufen. „Es war eine schwere Zeit, die sich auf die seelische Gesundheit und die Finanzen meiner Familie und vieler anderen ausgewirkt hat“, so die 15-Jährige. 

Ein natürliches Wetterphänomen, von Menschen gemacht

El Niño tritt laut World Meteorological Organization (WMO) alle zwei bis sieben Jahre auf, seine Episoden dauern in der Regel neun bis zwölf Monate. Mit ihm geht eine Erwärmung der Oberflächentemperaturen im zentralen und östlichen tropischen Pazifik einher. Die Erwärmung des Meereswassers hat weitreichende Auswirkungen auf die globalen Wetter- und Klimamuster. Es wird erwartet, dass El Niño die globale Erderwärmung verschärft und möglicherweise dazu führt, dass die globale Temperatur zwischen 2023 und 2024 an mehreren Stellen vorübergehend die Erwärmungsschwelle von 1,5 °C überschreitet. Es handelt ich zwar um ein natürliches Phänomen, doch gibt es immer mehr Hinweise darauf, dass der vom Menschen verursachte Klimawandel die Häufigkeit und Stärke von El- Niño-Ereignissen verstärkt.

Zwischen Ende Oktober 2023 und März 29024 wird El Niño voraussichtlich in mehreren Ländern der Welt extreme und möglicherweise verheerende Wetterverhältnisse hervorrufen, die sowohl Dürren als auch Überschwemmungen mit schwerwiegenden humanitären Folgen mit sich bringen werden. Von Somalia bis Peru wird El Niño wahrscheinlich Länder treffen, die bereits mit zahlreichen anderen Krisen zu kämpfen haben – von Konflikten bis hin zu steigendem Hunger – was bedeutet, dass die betroffenen Gemeinschaften bereits sehr verwundbar sind. Es wird erwartet, dass El Niño weltweit mehr als 100 Millionen Menschen betreffen wird in Afrika, Asien sowie Nord- und Südamerika.

Eine sandige Straße, durch die sich ein Graben zieht. Ein Straßenschild liegt umgekippt im Graben.
Nach den ersten Überschwemmungen im März 2023 waren viele Teile der Infrastruktur zerstört Adriana Lopez
Eine Mitarbeiterin von Plan International reicht einer Mutter mit Baby einen gefüllten Stoffbeutel
Als im März 2023 erstmals der Norden Perus überflutet wurde kamen viele Familien in Notunterkünften unter. Plan International versorgte sie unter anderem mit humanitären Hilfspaketen. Adriana Lopez

Peru: Vorbereitung auf die Katastrophe

In Peru wird der Norden des Landes bereits seit März 2023 von herausfordernden Wetterbedingungen heimgesucht, was zu massiven Schäden in der gesamten Region führt. In Verbindung mit dem El-Niño-Phänomen ist zu befürchten, dass das Land Ende 2023 oder Anfang 204 einen Klimanotstand erleben wird. So ist laut dem Nationalen Zentrum für Katastrophenschutz (CENEPRED) zu erwarten, dass 1,6 Millionen Menschen in Peru von dem Klimaphänomen beeinträchtigt werden – durch ein hohes Risiko von Erdrutschen und Schlammlawinen. Weitere 4,8 Millionen Menschen sind von Überschwemmungen bedroht. Piura wird voraussichtlich eine der Regionen sein, die am stärksten von der Klimakrise betroffen und in denen das Leben der Menschen sowie das Wohlbefinden der Kinder gefährdet sein werden.

„Bei früheren Überschwemmungen habe ich erlebt, wie Gewalt gegen Frauen ausgeübt wurde“

María (16), bereitet ihre Gemeinde auf die Katastrophe vor

María wohnt nur wenige Kilometer vom Haus ihrer Freundin Belén entfernt. Sie sagt, dass Mädchen in Krisen- und Notsituationen einem höheren Risiko ausgesetzt sind. „Bei früheren Überschwemmungen habe ich erlebt, wie Gewalt gegen Frauen ausgeübt wurde“, berichtet sie. „Deshalb müssen wir unsere Stimme erheben und unsere Rechte verteidigen.“ Klimakrisen wie El Niño verschlimmern soziale, politische und wirtschaftliche Konflikte und machen es für Menschen schwieriger, an Nahrungsmittel, grundlegende Dienstleistungen und medizinische Versorgung zu gelangen.

Kinder, insbesondere Mädchen, sind in Krisenzeiten wie El Niño oft besonders gefährdet. Extreme Wetterverhältnisse – ob schwere Überschwemmungen oder zu wenig Regen – können beispielsweise die Bildung beeinträchtigen, sodass Mädchen gezwungen sind, die Schule abzubrechen, weil das Familieneinkommen sinkt, sie Sicherheitsbedenken haben oder mehr Verantwortung im Haushalt übernehmen müssen. Das hat nicht nur langfristige Folgen für ihre Entwicklung und ihre Chancen, sondern kann Mädchen auch dem Risiko von Gewalt, Frühverheiratung und Teenagerschwangerschaften aussetzen. Insbesondere in einkommensschwachen Regionen sind Mädchen in Krisenzeiten auch einem größeren Risiko von Gesundheitsproblemen und Unterernährung ausgesetzt. Sie sind eher gezwungen, ihr Zuhause zu verlassen, was zu Ausbeutung und Trennung von ihren Familien führen kann. Ein geschlechtssensibler Ansatz in der humanitären Hilfe ist unerlässlich, um diese besonderen Herausforderungen zu bewältigen.

Power Walk für mehr Sicherheit

In Mittel- und Südamerika hat Plan International einen Vorsorge- und Reaktionsplan entwickelt, der Schutzmaßnahmen, Initiativen zur Ernährungssicherung und Gesundheitsdienste umfasst. Im Rahmen eines von der Kinderrechtsorganisation durchgeführten Projekts, das die Errichtung von Sicherheits- und Selbsthilfegruppen fördert, tauschen sich María, Belén und 86 weitere Mädchen in einem geschützten Raum über ihre Sorgen aus. Zudem wurden im Zuge des Projekts 4.600 humanitäre Hilfspakete verteilt und 271 Kinder sozio-emotional unterstützt. 

In Gruppen arbeiten die Mädchen daran, sich für zukünftige Katastrophen vorzubereiten und den Herausforderungen von El Niño Ende des Jahres zu begegnen. Auf ihrem „Power Walk“ durch Piura erkunden die Mädchen die sichersten und gefährlichsten Gebiete ihrer Gemeinde, um herauszufinden, welche Orte im Katastrophenfall gemieden werden sollte und wo es sichere Bereiche gibt. Auch der Schutz vor potenziellen Gewaltsituationen ist für sie dabei wichtig: „Der Power Walk hat mir geholfen, mich der wenigen Orte bewusst zu werden, an denen ich mich sicher und wohl fühle“, sagt María. „In Notsituationen wird es noch schwieriger. Deshalb ist es für alle Frauen wichtig zu wissen, wie sie auf sich selbst aufpassen können und an wen sie sich wenden können.“

Ein Mädchen hält ein Schild hoch, auf dem etwas in Spanisch steht
Maria (16) engagiert sich in ihrer Gemeinde für Katastrophenvorsorge und Kinderschutz Plan International

Die 16-Jährige fügt an: „Gemeinsam mit den Behörden planen wir Gespräche und Märsche wie diese, um das Bewusstsein für Gewaltprävention zu erhöhen und zu vermeiden, dass Menschen den Fluss bei Überflutungen überqueren, da dies bereits zu vielen Todesfällen geführt hat.“ Außerdem wollen die Freundinnen eine Petition für den Bau einer neuen Brücke über den Fluss einreichen, um zu verhindern, dass ihre und viele weitere Familien im Katastrophenfall erneut isoliert sind.

Plan International plant zudem die Bereitstellung von medizinischer Unterstützung, Bargeld, Grundversorgungsgütern, Infrastrukturverbesserungen und den Ausbau von Kapazitäten für gefährdete Gemeinden wie Piura.

Weltweite Verstärkung der Maßnahmen

In enger Zusammenarbeit mit lokalen Gemeinschaften unterstützen wir Kinder und ihre Familien weltweit dabei, sich auf die Katastrophe vorzubereiten und ihr zu trotzen, um Leben zu retten und gleichzeitig die Existenzgrundlage und die Zukunft der Kinder zu schützen. Dabei arbeiten wir aktiv mit den Organisationen der Vereinten Nationen zusammen. Der Schwerpunkt der frühzeitigen Vorbereitung auf El Niño liegt auf den Ländern, in denen das Klimaphänomen voraussichtlich die größten Auswirkungen haben wird. In Asien führen wir beispielsweise Hilfsmaßnahmen in Indonesien durch und halten Notfall-Einsatzteams auf den Philippinen, in Timor-Leste und Papua-Neuguinea bereite. Im östlichen und südlichen Afrika bereiten wir uns auf Dürren und Überschwemmungen vor, sichern Mittel für frühzeitige Maßnahmen, geben Frühwarninformationen weiter und stellen Schulungen und Ressourcen für das Katastrophenrisikomanagement bereit. In der zentralen Sahelzone reagieren wir auf den durch El Niño verursachter Anstieg der Lebensmittelpreise.

Der Nothilfe-Fonds

Weltweit nimmt die Zahl der Krisen zu: Naturkatastrophen, Hunger, Krankheiten und bewaffnete Konflikte bedrohen Gesundheit, Lebensgrundlagen und die Zukunft von Millionen Menschen. Gerade Kinder sind in unübersichtlichen Situationen der Not oft diejenigen, die am wenigsten Beachtung finden. Mit Ihrer Spende helfen Sie uns, betroffene Kinder und ihre Familien zu unterstützen.

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