Bilder gegen frühe Heirat
Kinderheirat ist kein Randphänomen. Weltweit werden Millionen Mädchen verheiratet, bevor sie volljährig sind, bevor sie ihre Schulbildung abschließen oder selbst über ihr Leben entscheiden können. Auch in Kambodscha besteht die Praxis trotz gesetzlicher Regelungen fort, insbesondere in ländlichen Regionen. Armut, soziale Unsicherheit, begrenzter Zugang zu Bildung und tief verwurzelte gesellschaftliche Erwartungen tragen dazu bei, dass frühe Heirat für viele Familien weiterhin als Ausweg erscheint.
Im Rahmen der Kampagne #EndChildMarriage hat Plan International in Kambodscha junge Künstlerinnen und Künstler eingeladen, sich mit dieser Realität auseinanderzusetzen. Der Kunstwettbewerb unter dem Titel „Ich bin noch ein Mädchen, noch keine Braut“ schuf einen Raum, in dem junge Menschen ihre Perspektiven sichtbar machen konnten. Die entstandenen Werke erzählen von Unterbrechungen, von Druck und Verlust, aber auch von Selbstachtung, Hoffnung und Handlungsspielräumen.
Sovandy: Eine Zukunft unter Vorbehalt
In seinem Werk „Meine Zukunft“ beschäftigt sich Sovandy (24) mit den Momenten, in denen Entscheidungen über das Leben eines Mädchens getroffen werden – oft ohne dessen Zustimmung. Das Gemälde zeigt ein junges Mädchen, das auf der Suche nach ihrer Identität ist. Ein Schleier liegt über ihrer Schulter und symbolisiert eine frühe Heirat, die diesen Weg unterbricht. In ihren Händen hält sie ein Blatt Papier mit ihren Träumen; eine Krone des Wissens hat sich in eine Hochzeitskrone verwandelt.
„Auch heute noch treffen manche Familien Entscheidungen für Mädchen und sagen: ,Es ist Zeit zu heiraten.‘ Das ist Zwang und stört den Bildungsweg dieser Mädchen.“
„Kinderheirat ist eine Verletzung der Menschenrechte und wird oft durch Armut, Traditionen und Bräuche verursacht.“
Layhouy: Zeit, die entscheidet
Layhouys (23) Bild „Sanduhr“ stellt Kinderheirat als einen Prozess dar, in dem Zeit nicht neutral vergeht. In der Sanduhr fallen Bücher, ein Rucksack und Spielzeug nach unten, ersetzt durch Ketten, Armut und die Last früher Schwangerschaft. Außerhalb der Sanduhr formt ein Mädchen aus einer Kette einen Vogel, ein Symbol für das Entkommen und die Möglichkeit von Freiheit.
Mony Teav: Träume behaupten
Das Bild „Steh auf und verfolge deine Träume“ von Mony Teav (22) richtet den Blick auf die langfristigen Folgen früher Heirat, für Mädchen selbst und für die Gesellschaft. Sie thematisiert Zwang, den Abbruch der Schulbildung und das Verstummen eigener Wünsche.
Sein Werk ist zugleich ein Appell an Gemeinschaften, Verantwortung zu übernehmen, und eine Ermutigung an Mädchen, für ihre eigenen Ziele einzustehen: „Mädchen verlieren ihre Chancen und können ihre Träume und Wünsche für die Zukunft nicht verwirklichen.“
„Der Hochzeitstag dauert nur einen Tag. Am nächsten beginnen Verpflichtungen, die ein Leben lang anhalten.“
Chivey: Selbstachtung als Handlung
In „Freiheit und Selbstachtung“ zeigt Chivey ein Mädchen in Schuluniform, das aus einem zerrissenen Hochzeitskleid hervortritt. Während der obere Teil des Kleides Schönheit und Feierlichkeit symbolisiert, wird der untere Bildbereich dunkler und komplexer, ein Verweis auf die unsichtbaren Belastungen, die nach einer frühen Heirat folgen können.
Für Chivey steht die Ablehnung einer Frühverheiratung für Selbstachtung und das Recht, sich zu entwickeln und das eigene Leben zu gestalten.
Räume für Perspektiven
Der Kunstwettbewerb von Plan International versteht sich als Einladung zum Zuhören. Die gezeigten Werke entstehen aus dem lokalen Kontext heraus und machen sichtbar, wie junge Menschen in Kambodscha Kinderheirat wahrnehmen, reflektieren und hinterfragen.
Kunst wird hier zur Sprache, um Komplexität auszuhalten. Und um deutlich zu machen, dass jede Zukunft dort beginnen sollte, wo Mädchen selbst entscheiden können, wann und wie sie erwachsen werden.
Die Geschichten von Sovandy, Layhouy, Mony Teav und Chivey wurden mit Material aus dem kambodschanischen Plan-Büro aufgeschrieben.