„Ich bin ein Mädchen, keine Braut“

Foto: Plan International

Millionen Mädchen werden weltweit zu früh verheiratet. Junge Künstlerinnen aus Kambodscha zeigen mit ihren Bildern, warum Kinderehen ihre Zukunft rauben – und wie Veränderung beginnt.

Alle drei Sekunden wird irgendwo auf der Welt ein junges Mädchen verheiratet. Armut, soziale Normen, mangelnder Zugang zu Bildung und ungleiche Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern tragen dazu bei, dass Familien ihre Töchter zu Bräuten machen. Doch der Preis dafür ist hoch: Für die betroffenen Mädchen bedeutet eine frühe Ehe meist das Ende ihrer Schulbildung, ein erhöhtes Risiko für Gewalt, frühe und ungewollte Schwangerschaften und gesundheitliche Komplikationen sowie ein Leben mit eingeschränkten Rechten und Chancen.

Auch in Kambodscha ist Frühverheiratung für viele Mädchen Realität. Besonders in ländlichen Regionen stehen sie unter dem Druck traditioneller Rollenbilder. Ärmere Familien sehen in der Ehe eine „Sicherung“ für die Zukunft ihrer Töchter, besonders dort, wo Bildung und Erwerbsmöglichkeiten fehlen. Dabei raubt sie Mädchen genau das, was sie für eine selbstbestimmte Zukunft brauchen.

Plan International setzt sich weltweit dafür ein, Kinderehen zu beenden. Ein wichtiger Teil dieser Arbeit ist es, Mädchen selbst zu Wort kommen zu lassen – ihre Perspektiven sichtbar zu machen und ihre Stimmen zu stärken. In Kambodscha ist daraus ein besonderes Projekt entstanden: Ein Kunstwettbewerb unter dem Motto I am still a girl, not yet a bride („Ich bin noch ein Mädchen, keine Braut“).

Kunst als Stimme für Veränderung

Junge Künstler:innen drücken im Rahmen der Kampagne #EndChildMarriage ihre Gedanken, Hoffnungen und Forderungen kreativ aus. Die Bilder erzählen von Träumen, Ängsten und dem Wunsch nach Freiheit – und zeigen eindrucksvoll, was auf dem Spiel steht, wenn Mädchen zu früh verheiratet werden.

Ein kambodschanischer junger Mann hält ein Kunstwerk in der Hand
Sovandy mit seinem Kunstwerk von einem Mädchen, dessen Identitätssuche durch frühe Ehe unterbrochen wird Plan International
Gemälde eines jungen Mädchens mit Krone, das ein Blatt mit der Aufschrift „Dream“ hält und nachdenklich in die Ferne blickt.
Sovandys Kunstwerk mit dem Titel „Meine Zukunft“ Plan International

Sovandy (24): „Meine Zukunft“

Sovandys Bild zeigt die Sehnsucht nach einer Zukunft, die selbst gestaltet werden kann – mit Bildung, eigenen Entscheidungen und Raum für persönliche Entwicklung. Das Kunstwerk macht deutlich: Eine frühe Ehe schneidet Mädchen von genau dieser Zukunft ab.

„Heute treffen einige Familien immer noch Entscheidungen für Mädchen und sagen Dinge wie ‚Es ist Zeit zu heiraten‘. Das ist Zwang, verletzt die Privatsphäre und schneidet sie von Schulbildung ab“, sagt er. „Dieses Bild zeigt ein Mädchen, das nach ihrer Identität sucht, deren Weg jedoch durch eine frühe Ehe unterbrochen wird, dargestellt durch einen Schleier über ihrer linken Schulter. Sie lächelt, hält ihre Träume auf Papier in den Händen; die Krone des Wissens ist zur Krone ihres Hochzeitstages geworden.“

Eine kambodschanische junge Frau hält das Gemälde einer Sanduhr in der Hand
Layhouy mit ihrem Kunstwerk, das die Zwänge der Kinderehe und den Verlust von Bildung in Form einer Sanduhr darstellt Plan International
Gemälde einer Sanduhr, in der oben Schulsachen und unten ein schwangeres Mädchen und Ketten sind
Layhouys Kunstwerk mit dem Titel „Sanduhr“ Plan International

Layhouy (23): „Sanduhr“

Layhouy beschreibt die Zwänge der Kinderehe und den Weg zur Selbstbestimmung.

„Kinderehe hat eine lange Geschichte und existiert bis heute. Um Kinderehen zu beenden, glaube ich, dass jedes Mädchen das Recht auf Bildung, Gesundheitsversorgung und ein Leben frei von Gewalt haben sollte“, sagt sie. „In diesem Bild ersetzen die fallenden Bücher, der Schulranzen und Spielzeuge die schweren Lasten früher Schwangerschaft, Armut und Ketten, die Mädchen daran hindern, sich durch Bildung zu entfalten. Außerhalb der Sanduhr zieht ein Mädchen eine Kette aus ihrer Hand und formt einen Vogel. Das bedeutet, dass sie die Kinderehe überwunden hat und frei fliegt. Das Mädchen im Wasser symbolisiert jemanden, der das Leben aufgegeben hat und die Zeit verstreichen lässt.“ 

Eine kambodschanische junge Frau hält ein kleines Gemälde in der Hand
Chivey mit ihrem Kunstwerk, das ein Brautkleid in den Mittelpunkt stellt Plan International
Gemälde eines jungen Mädchens, dass bis zur Hüfte ein Brautkleid trägt und darüber eine Schuluniform. Es hat die Arme ausgebreitet und schwebt nach oben, als würde es aus dem Brautkleid hinausbrechen
Chiveys Kunstwerk mit dem Titel „Freiheit & Selbstachtung“ Plan International

Chivey (24): „Freiheit & Selbstachtung“

Chiveys Zeichnung stellt ein Brautkleid in den Mittelpunkt. Auf den ersten Blick ist es schön – doch dieser Eindruck täuscht. Ihr Bild verdeutlicht, wie romantisierte Vorstellungen von Heirat die langfristigen Belastungen überdecken, mit denen viele junge Ehefrauen konfrontiert sind.

„Frauen, die zu früh heiraten, sehen sich negativen Folgen gegenüber. Zum Beispiel der Übernahme von mehr Verantwortung, als sie bewältigen können, dem Verlust ihrer Jugend und wichtiger Chancen im Leben, hohen Scheidungsraten, psychischen Problemen, wirtschaftlichen Schwierigkeiten und Diskriminierung“, sagt sie. „Das Bild zeigt ein Mädchen in Schuluniform, das aus einem zerrissenen Hochzeitskleid heraustritt – dies symbolisiert, dass das Ablehnen früher Heirat eine Form von Selbstachtung ist und uns die Möglichkeit gibt, frei zu sein, uns zu entwickeln und das Leben zu genießen. Der untere Teil des Hochzeitskleides ist schön, aber das dauert nur einen Tag. Am nächsten Tag haben wir viel Verantwortung und Geheimnisse, die nicht sichtbar sind, dargestellt durch die Dunkelheit und Komplexität am unteren Rand des Bildes.“

Eine junge kambodschanische Frau hält ein Gemälde in der Hand
Seangmey mit ihrem Kunstwerk, das die Menschenrechtsverletzung hinter der Kinderehe aufzeigt Plan International
Ein Kunstwerk, auf dem schriftliche Parolen gegen Kinderheirat stehen und in der Mitte sitzt ein Mädchen in einem Brautkleid, das weint
Seangmeys Kunstwerk mit dem Titel „Lasst uns frei sein“ Plan International

Seangmey (24): „Lasst uns frei sein“

Seangmey betont die Menschenrechtsverletzung, die Frühverheiratung für Mädchen bedeutet.

„Kinderehen, frühe oder erzwungene Ehen sind eine Verletzung der Menschenrechte, die besonders Mädchen betrifft. Kinderehe ist eine Form geschlechtsbasierter Gewalt mit tiefgreifenden Folgen für Kinder, ihre Familien und folgende Generationen“, sagt sie. „Verheiratete Mädchen verlieren die Freiheit, wichtige Entscheidungen über ihr Leben zu treffen. Sie haben ein höheres Risiko, die Schule früh abzubrechen, sozial isoliert zu werden, Gewalt zu erfahren und die Risiken von Teenagerschwangerschaften zu tragen. Jedes Mädchen verdient es, zu lernen und zu gedeihen. Kinder sollten niemals vor dem gesetzlichen Heiratsalter verheiratet werden; lasst sie ihre Ziele erreichen.“

Ein junger kambodschanischer Mann hält ein Kunstwerk in der Hand
Mony Teav mit seinem Kunstwerk, das zu Mut aufrufen soll Plan International
Ein Gemälde von einem Mädchen, das eine Schuluniform trägt und ein Zeugnis in die Höhe hält, darunter sind viele Augen und Münder
Mony Teavs Kunstwerk mit dem Titel „Steh auf und folge deinen Träumen“ Plan International

Mony Teav (22): „Steh auf und folge deinen Träumen“

Mony Teavs Werk ist ein Aufruf zum Mut. Bildung und Selbstvertrauen stehen hier sinnbildlich für die Kraft, gesellschaftliche Erwartungen zu hinterfragen und Träume nicht aufzugeben.

„In unserer Gesellschaft existiert immer noch die Praxis, dass Mädchen vor dem gesetzlichen Heiratsalter verheiratet werden. Das hat enorme Auswirkungen auf die Mädchen selbst und auf die Gesellschaft. Sie verlieren ihre Chancen und können ihre Träume und Wünsche für die Zukunft nicht verwirklichen“, sagt er. „Ich habe dieses Bild gemalt, um zu zeigen, was Mädchen durch Zwang und den Druck, die Schule nicht weiterzuführen, erleiden mussten. Ich möchte die Gemeinschaft dazu aufrufen, dies anzuerkennen, und alle Mädchen ermutigen, für sich selbst einzustehen und ihre Träume zu verwirklichen.“ 

Eine junge kambodschanische Frau hält ein Kunstwerk in der Hand
Sreypov mit ihrem Kunstwerk, das zwei Mädchen mit unterschiedlichen Lebenswegen zeigt Plan International
Ein geteiltes Gemälde: Auf der einen Seite sitzt ein Mädchen und liest, auf der anderen Seite sitzt ein Mädchen, das eine Torte gereicht bekommt, und es denkt an die Ehe, die ihm bevorsteht
Sreypovs Kunstwerk mit dem Titel „Geschichte von zwei Leben“ Plan International

Sreypov (26): „Geschichte von zwei Leben“

Sreypov zeigt den Kontrast zwischen Mädchen, die ihre Bildung verfolgen, und jenen, die früh verheiratet werden.

„Dieses Bild zeigt zwei Mädchen“, erklärt sie. „Eines von ihnen ist noch nicht verheiratet und arbeitet während ihrer Schulzeit hart daran, ihre Träume zu verwirklichen. Das andere Mädchen heiratete, bevor sie bereit war, was sie unter enormen psychischen Druck setzte. Während ihrer Schulzeit musste sie Ehefrau und Mutter werden, wodurch sie ihre Chancen und Träume verlor. Die größte Herausforderung waren die schweren physischen und psychischen Gesundheitsprobleme, die sie erlebte.“ 

Eine junge kambodschanische Frau hält ein Kunstwerk in der Hand
Sothearys Kunstwerk zeigt auf, dass Bildung vor früher Heirat schützt Plan International
Ein Kunstwerk das zwei Mädchen zeigt: Eines, das ein Kind hält, und eines, das ein Papier mit der Aufschrift Dreams hält
Sothearys Kunstwerk mit dem Titel „Keine Frau und kein Mädchen ohne Bildung“ Plan International

Sotheary (18): „Keine Frau und kein Mädchen ohne Bildung“

Sothearys Bild macht deutlich: Ohne Schulbildung fehlt Mädchen weltweit die Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben. Bildung schützt vor früher Heirat – und eröffnet Chancen auf Einkommen, Mitbestimmung und ein Leben frei von Gewalt.

„Ich hoffe, dass mein Kunstwerk Menschen beeinflussen wird, die durch Zwangsheirat verletzt wurden. Besonders Mädchen, die mit Schmerz leben, weil sie in Familien aufwachsen, die ein falsches Verständnis von Ehe haben. Das muss beendet werden. Jedes Mädchen sollte das Recht auf Bildung haben“, sagt Sotheary.

Warum diese Stimmen zählen

Die Bilder aus Kambodscha zeigen, was Statistiken allein nicht vermitteln können: die Gefühle, Hoffnungen und Forderungen der Mädchen selbst. Indem junge Frauen ihre Geschichten teilen und junge Männer gemeinsam mit ihnen für Gleichberechtigung stehen, fordern sie eine Welt ein, in der Mädchen und Jungen gleichermaßen wachsen, lernen und führen können – ohne den Zwang einer frühen Ehe. 

Gemeinsam Zukunft schenken

Mit Ihrer Spende an den Mädchen-Fonds von Plan International stärken Sie Mädchen weltweit – damit sie zur Schule gehen, selbst über ihr Leben entscheiden und vor Kinderehen geschützt werden. Jeder Beitrag hilft, Mädchenrechte zu stärken und echte Chancen für eine selbstbestimmte Zukunft zu schaffen.

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