
Hand in Hand zum Ökolandbau
El Salvador ist flächenmäßig das kleinste Land in Zentralamerika – hat aber gleichzeitig die höchste Bevölkerungsdichte. Bekannt sind vor allem die Surfstrände am Pazifik, die Kaffeeplantagen und die spektakuläre Berglandschaft, die zum großen Teil aus Vulkanen besteht. Über 20 Vulkane liegen in El Salvador, von denen etwa ein Dutzend als aktiv gelten.
Doch die daraus resultierende Erbebengefahr rückt in den Köpfen der Menschen immer mehr in den Hintergrund – verdrängt von den Folgen des rasant voranschreitenden Klimawandels. Steigende Meeresspiegel zerstören Lebensräume für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten, Dürren und Überschwemmungen vernichten Ernten und Lebensgrundlagen.


Gegen traditionelle Rollenbilder und unberechenbare Naturgewalten
Nicht zuletzt diese unberechenbaren Naturgewalten haben die Schwestern Karina und Iris lange davon abgehalten, ihren Traum von einem familiengeführten Landwirtschaftsbetrieb zu verfolgen. Schritt für Schritt verschiedene heimische Gemüsesorten für ihre Gemeinde anzubauen – das war das Ziel. Als dann die Covid-19-Pandemie ihr Leben auf den Kopf stellte, entschloss sich das Schwestern-Duo zusammen mit Karinas Mann Ever, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen.
Mit begrenzten Ressourcen begannen sie, ihr kleines Stück Land im Departamento Cuscatlán, das in den zentralen Hochebenen El Salvadors liegt, zu bewirtschaften – fest entschlossen, ihren Weg zu gehen. Doch dieser Weg hielt einige Hindernisse für die Familie bereit.
„Wir haben gezeigt, dass Frauen in der Landwirtschaft erfolgreich sein können.“
In einer Gemeinde, in der die Landwirtschaft traditionell als Männerarbeit gilt, sahen sich Karina und Iris mit viel Skepsis konfrontiert. Oft begegneten ihnen Zweifel an ihrer Führungskompetenz oder ihren unternehmerischen Fähigkeiten.
Davon ließen sich die zielstrebigen Schwestern aber nicht unterkriegen. Sie wollten den Stereotypen etwas entgegensetzen und beweisen, dass Landwirtschaft keine reine Männerdomäne ist. „Wir haben gezeigt, dass Frauen erfolgreich sein können, wenn sie auf den Feldern arbeiten“, sagt Karina mit Stolz in der Stimme.
Bereichernde Ernte nach harter Arbeit
Ihre harte Arbeit zahlte sich aus. Iris, Karina und Ever lernten, mit den unterschiedlichen Pflanzzyklen umzugehen, mit dem unvorhersehbaren Wetter – von tropischen Stürmen bis hin zu schweren Dürren – zurechtzukommen und neue Märkte für ihre Produkte zu erschließen. So baute sich die Familie durch Teamarbeit und die Führungsqualitäten der Landwirtinnen nach und nach einen florierenden Betrieb auf.
„Im Sommer pflanzen wir grüne Chilischoten, Tomaten und Gurken an. Im trockenen Winter nutzen wir das während der Regenzeit gesammelte Wasser, um zusätzlich Kürbis und grüne Bohnen anzubauen“, erklärt Ever. Auch Chayote steht auf dem Pflanzplan – ein kürbisähnliches Gemüse, das vor allem in tropischen Klimazonen wächst.
„Ich liebe diese Arbeit, besonders wenn wir ernten und sehen, dass unsere Produkte verkaufsfertig sind“, erzählt Karina. „Es ist so bereichernd, durch unsere Ernteerträge zu sehen, was wir alles erreicht haben“, ergänzt Iris. Einen Teil der angebauten Lebensmittel verwertet die Familie für den Eigenbedarf, den Rest verkaufen sie auf lokalen Märkten und an Großhändler.


Ein Land kämpft mit seinen Herausforderungen
Die Landwirtschaft ist in El Salvador ein wichtiger Wirtschaftszweig. Hauptsächlich produziert werden Kaffee, Zucker und Mais. Doch die steigende globale Nachfrage hat im Laufe der Jahre dazu geführt, dass naturschädliche und einseitige Landwirtschaft eher gefördert wurde als ökologischer und diversifizierter Gemüseanbau.
Obwohl El Salvador durch die zahlreichen Vulkane sehr fruchtbare Erde hat, werden mehr als 70 Prozent an verkauftem Obst und Gemüse importiert. Das liegt mitunter daran, dass die Menschen vor Ort kaum Ressourcen haben, ihre Ernte vor den wachsenden klimatischen Herausforderungen zu schützen und das Wissen über Ökologie und Umweltschutz nicht großflächig und für alle zugänglich verbreitet wird. Je mehr lokale Lebensmittel jedoch auf den Märkten angeboten werden, umso geringer ist die Abhängigkeit von außen sowie der Ressourcenverbrauch für Einfuhr und Lagerung. Mehr noch: Die Widerstandsfähigkeit der Gemeinden steigt und die heimische Artenvielfalt kann besser geschützt werden.

Mit neuem Wissen neue Wege gehen
Das haben auch Iris, Karina und Ever gelernt. Sie besuchten Schulungen zu nachhaltigen Anbaumethoden und erneuerbaren Energien. Diese sind Teil eines Projekts von Plan International, das sich gezielt an Frauen richtet und ihre wirtschaftliche Selbstbestimmung fördern möchte. Darin lernen die Teilnehmerinnen, welche biologischen Praktiken sie anwenden müssen, um den Einsatz von Chemikalien überflüssig zu machen sowie die Qualität ihrer Ernte zu verbessern.
„Wir haben gelernt, wie wir durch Tropfbewässerung Wasser sparen können. Eine Tauchpumpe und Sonnenkollektoren sorgen außerdem dafür, dass wir weniger Chemikalien und Kraftstoff einsetzen müssen und so unsere Umwelt schonen”, erklärt Ever. Dank Solarpanels spart ihr Landwirtschaftsbetrieb außerdem Energiekosten und ist nachhaltiger.
Workshops zum Thema Gleichstellung der Geschlechter haben Iris und ihre Schwester Karina zusätzlich in ihrer Überzeugung bestärkt, dass es für die Zukunft der Landwirtschaft nur förderlich sein kann, wenn Frauen und Männer gleichberechtigt ihre Ideen einbringen können. „Wir sind der Beweis dafür, dass Frauen in der Landwirtschaft erfolgreich sein und Fortschritte erzielen können“, sagt Karina. Dieser Erfolg hat sich herumgesprochen und auch andere Familien inspiriert, sich mit ökologischer Landwirtschaft eine Zukunft aufzubauen.
Der Artikel wurde mit Material aus dem salvadorianischen Plan-Büro erstellt.