Aus Rückschlägen werden Sprungbretter

Foto: Abdul-Manaph Ouro-Djeri

Trotz früher Mutterschaft und knapper Mittel wagt Christine in einem kleinen Dorf in Togo einen Schritt, der ihr Leben verändert – und findet ihren eigenen Weg in die Selbstständigkeit.

Christine kniet auf ihrem Feld und betrachtet aufmerksam die Sojapflanzen, die sie eigenhändig angebaut hat. Jede einzelne steht für Monate harter Arbeit – für Rückschläge, Ausdauer und kleine Erfolge. Noch vor fünf Jahren hätte sie nicht geglaubt, einmal hier zu stehen: als Unternehmerin, Mutter und Vorbild für ihr Dorf. Heute trägt sie Verantwortung für mehr als nur ihre Ernte. Die Entscheidungen, die sie nun trifft, verändern nicht nur ihr eigenes Unternehmen, sondern auch das Leben der Menschen in ihrer Gemeinde.

Frau aus Togo mit lokal hergestelltem Bier
Christine betreibt in ihrem Heimatdorf einen Imbissstand Abdul-Manaph Ouro-Djeri

Ein ungebrochener Traum

Christine wuchs in Doufelgou, einer ländlichen Region in Togo, als älteste von vier Geschwistern auf. Schon früh zeigte sie außergewöhnliche schulische Leistungen und bestand 2018 ihre BEPC-Prüfung, den Abschluss der Sekundarstufe I. Doch als sie mit 17 Jahren schwanger wurde, schien ihre Hoffnung auf ein Studium plötzlich unerreichbar. 

„Ich wollte unbedingt weitermachen“, sagt Christine. Fest entschlossen meisterte sie frühe Mutterschaft und Schule gleichzeitig und erwarb 2021 ihr BAC II-Zeugnis, den Abschluss der allgemeinen Hochschulreife. Finanzielle Schwierigkeiten und die Scheidung ihrer Eltern zwangen sie jedoch, ihre Karrierepläne aufzugeben und zurück in ihr Heimatdorf zu kehren.

In Togo sind junge Menschen wie Christine oft mit wirtschaftlichen Einschränkungen konfrontiert. Arbeitsplätze und Bildungsangebote sind rar, und viele junge Frauen müssen früh Verantwortung für Familie und Haushalt übernehmen. Das schränkt ihre Chancen auf Bildung und wirtschaftliche Unabhängigkeit massiv ein.

„Dank der Schulungen hat mein Leben eine neue Wendung genommen.“

Christine (23), Projektteilnehmerin aus Togo

Ein Wendepunkt 

Für Christine änderte sich alles mit der Teilnahme am YEWA II-Programm, das von Plan International umgesetzt wird. Das Projekt unterstützt junge Menschen in den Regionen Kara, Haho und Doufelgou, indem es die Gleichstellung der Geschlechter fördert, berufliche Qualifizierungsmöglichkeiten schafft und bürgerschaftliches Engagement stärkt.

Christine trat der durch das Projekt entstandenen Dorfspargruppe bei und lernte dort mehr über Unternehmertum, sexuelle und reproduktive Gesundheit sowie über die Rechte junger Menschen. Mit einem ersten Darlehen von 35.000 CFA-Francs (ca. 50 Euro) gründete sie einen Sojaanbaubetrieb und stellte zehn junge Menschen aus ihrem Dorf ein.

Frau aus Togo serviert Essen aus ihrem Imbiss
Christine ist stolz auf ihre selbstgemachten Snacks, die sie in ihrem Dorfladen verkauft Abdul-Manaph Ouro-Djeri
Sojakäse in Öl in einem Topf
Christine brät Sojakäse, der in ihrem Imbissstand zum Verkauf bereitsteht Abdul-Manaph Ouro-Djeri

Vom kleinen Feld zum wachsenden Geschäft

Der Erfolg ermöglichte es Christine, das erste Darlehen frühzeitig zurückzuzahlen und ein weiteres in Höhe von 247.000 CFA-Francs (ca. 370 Euro) bei einer Genossenschaft aufzunehmen. Damit erweiterte sie ihr Geschäft auf den Verkauf von Getreideprodukten, Sojakäse und Tchoukoutou, einem lokal gebrauten Sorghumbier.

Die wirtschaftliche Unabhängigkeit veränderte ihr Leben. „Mit dem Geld, das ich verdiene, kann ich mich selbst versorgen und meinen jüngeren Geschwistern in der Schule und im Studium helfen“, erzählt sie. Sie konnte sogar ihrem Bruder ein Fahrrad kaufen, damit er leichter zur Universität kommt. Christine bleibt ambitioniert: Sie plant, ihre Erträge zu verdoppeln und eine führende Getreidehändlerin auf dem Zentralmarkt von Kara zu werden.

„Meine Geschichte ist ein Aufruf an alle jungen Menschen, an ihre Fähigkeiten zu glauben. Herausforderungen können Sprungbretter sein, wenn man sie richtig nutzt.“

Christine (23), Landwirtin und Ladenbesitzerin aus Togo

Resilienz als Schlüssel zum Erfolg

Die Spargruppen stärkten nicht nur Christines wirtschaftliches Know-how, sondern auch ihr Selbstvertrauen. Sie wurde zur Schatzmeisterin ihrer Spargruppe gewählt und verwaltet nun die Gelder der Gruppe verantwortungsbewusst. Durch das Programm beantragte sie außerdem eine Geburtsurkunde: ein Schritt, der ihr neue Chancen eröffnet – darunter die Möglichkeit, eine Lehramtsausbildung zu beginnen.

Darüber hinaus engagiert sich Christine als Peer Educator: Auf Basis eigener Erfahrungen informiert sie junge Menschen in ihrer Gemeinde über sexuelle Gesundheit und Familienplanung. „Ich erkläre meinen jüngeren Geschwistern Dinge oft anhand meiner eigenen Erlebnisse“, sagt sie. Ihre Arbeit stärkt nicht nur das Wissen in der Gemeinschaft, sondern vermittelt jungen Frauen und Männern Selbstvertrauen und Entscheidungsfähigkeit.

Frau aus Togo in ihrem Getreidelager
Im Lager werden die Vorräte an Getreide aufbewahrt Abdul-Manaph Ouro-Djeri

Mutter, Unternehmerin, Gemeindevorsteherin

Christines Reise ist das Ergebnis von Durchhaltevermögen, Mut und gezielter Unterstützung. Von einer jungen Mutter in finanziellen Schwierigkeiten hat sie sich zu einer aufstrebenden Unternehmerin und Gemeindevorsteherin entwickelt.

„Meine Geschichte ist ein Aufruf an alle jungen Menschen, an ihre Fähigkeiten zu glauben. Herausforderungen können Sprungbretter sein, wenn man sie richtig nutzt“, sagt sie. In einer Region, in der junge Frauen häufig an strukturelle Grenzen stoßen, zeigt Christine, dass Bildung, Einkommensmöglichkeiten und Eigeninitiative Hand in Hand gehen müssen. Ihr Weg inspiriert, öffnet Perspektiven und beweist: Veränderung ist möglich – Schritt für Schritt, Feld für Feld, Traum für Traum.

Die Geschichte von Christine wurde mit Material aus dem togolesischen Plan-Büro aufgeschrieben. 

Mit einer Patenschaft helfen

In Togo setzt sich Plan International für die Umsetzung der Grundrechte von Mädchen und Jungen ein. Dazu zählen das Recht auf Bildung, Gesundheit, Schutz und gesellschaftliche Teilhabe. Die wirtschaftliche Situation von Familien wird gestärkt, um eine langfristige Einkommenssicherung zu ermöglichen.

Besonders im Fokus stehen Mädchen und Kinder mit Behinderungen, da diese häufig benachteiligt sind. Eine Patenschaft unterstützt nicht nur das einzelne Patenkind, sondern trägt auch zur Umsetzung von Programmen und Projekten in den Gemeinden bei.

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