(Dieser Artikel wurde aktualisiert, Stand: 25.05.2022)
Die Periode ist ein normaler körperlicher Vorgang, der die Hälfte der Weltbevölkerung über Jahrzehnte hinweg betrifft. Und trotzdem fällt es vielen Mädchen schwer, über ihre Periode zu sprechen. Es ist ihnen unangenehm oder regelrecht peinlich. Sogar in Deutschland: Eine repräsentative Umfrage zum Thema Menstruation von Plan International zeigt, dass „sichtbar durchzubluten“ – also ein Blutfleck auf der Hose oder auf der Bettwäsche – für nahezu alle Befragten das „Worst-Case-Szenario“ und mit Scham verbunden ist. Jede Dritte gab an, sich während der Periode „unrein“ zu fühlen, ebenso viele wollen sich nicht mehr schämen müssen.
Im weltweiten Fluchtkontext kommen zu Stigmatisierung und Schamgefühl noch weitere besondere Schwierigkeiten hinzu. Im Camp Balukhali etwa, das rund um die südbangladeschische Stadt Cox’s Bazar aufgebaut ist, leben die beiden Rohingya-Mädchen Nur Nahar und Jahida. Das Camp ist überfüllt und spartanisch eingerichtet, die Zustände größtenteils unhygienisch. Mädchen und Frauen, die hier ihre Periode bekommen, müssen mit der konstant knappen Anzahl an Binden haushalten, haben keinen Zugang zu Medikamenten gegen Schmerzen und Krämpfe und keine Möglichkeit, ihre benutzten Menstruationsprodukte diskret zu entsorgen.
Mitarbeitende von Plan International trafen sich daher bereits 2018 mit den Mädchen vor Ort, um von ihnen mehr über ihre Situation zu erfahren und sie über Fragen die Menstruation betreffend aufzuklären. In Myanmar, der Heimat vieler Rohingya, verwenden die Mädchen Binden oder wiederverwendbare Tücher während ihrer Periode. Die Binden kaufen ihre Mütter für rund 500 burmesische Kyawt (etwa 30 Cent). Traditionell werden die benutzten Binden in einem Loch vergraben, das sich weit weg vom Haus befindet.
„Wenn wir unsere Periode haben, dürfen wir nicht mit Männern sprechen.“
Im Camp ist es sehr schwer, Binden zu beschaffen. Wenn es welche zu kaufen gibt, sind sie sehr teuer. Deswegen teilen sich die Mädchen die Produkte häufig. Aber sie müssen diese stark rationieren, weil es nicht ausreichend viele für alle gibt. Die jungen Frauen müssen sich darauf verlassen, dass gemeinnützige Organisationen, die vor Ort Hilfe leisten, ihnen Menstruationsprodukte zur Verfügung stellen.
Als die Mädchen 2017 im Camp ankamen, war die Lage noch drastischer: Damals waren überhaupt keine Hygieneprodukte verfügbar. Also borgten sie sich etwas von Freundinnen, benutzten alte Lappen als Binden oder bluteten einfach in die Unterhose.
„Wenn ein männlicher Verwandter während der Menstruation zu Besuch kommt, müssen wir uns verstecken.“
Die kulturellen Praktiken der Rohingya rund um die Menstruation unterscheiden sich stark von dem, was Frauen und Mädchen in der westlichen Welt kennen. Wenn ein Rohingya-Mädchen das erste Mal seine Menstruation hat, ändert das sein Leben nachhaltig: Mit der ersten Periode endet die Schullaufbahn. Während der Blutung dürfen sie außerdem das Haus nicht verlassen. Ihr Verschwinden aus dem öffentlichen Leben signalisiert den Nachbar:innen, dass sie „eine Frau geworden“ sind. Die Dorfgemeinschaft wird sie daraufhin auch anders behandeln.
„Wenn wir unsere Periode haben, dürfen wir nicht mit Männern reden. Wenn ein männlicher Verwandter zu Besuch kommt, sagt ihm die Familie, dass wir nicht zuhause sind, und wir müssen uns verstecken“, erzählt Nur Nahar.
Neben dem Mangel an Monatshygieneartikeln, gibt es im Camp auch keine Medikamente, die gegen die Unterleibsschmerzen helfen. Jahida erzählt, dass sie während ihrer Menstruation extreme Schmerzen habe und gern Medikamente gegen die Krämpfe nehmen würde.
„Ich bekomme meine Tage nur alle paar Monate einmal, aber wenn ich sie habe, quälen mich jedes Mal schlimme Krämpfe. Alles, was ich währenddessen tun kann, ist liegen und hoffen, dass es schnell vorbeigeht“ so Jahida.
Ein weiteres Problem im Camp ist die Müllentsorgung. Den Mädchen bleibt oft nichts anderes übrig, als ihre Binden in die Latrinen zu werfen, die dadurch verstopfen. Manche verfolgen auch weiterhin die Tradition, ihre benutzten Binden zu vergraben, doch auf so engem Raum und über Jahre hinweg – ist auch das keine Lösung.
Um die Situation nachhaltig zu verbessern, verteilte Plan International bereits 2018 rund 12.000 Menstruations-Kits mit waschbaren und wiederverwendbaren Binden an Frauen und Mädchen im Teenageralter. Zudem wurden 700 neue Toiletten im Camp gebaut, über 200 Waschräume für Frauen eingerichtet und über 10.000 Hygiene-Kits mit Seife, Eimern, Zahnbürsten und Wasserkanistern ausgegeben.
Die Integration von Menstruationsgesundheit und -hygiene in unsere Projekte ist unerlässlich für die Rechte von Kindern und die Gleichberechtigung von Mädchen. Die Arbeit von Plan International konzentriert sich hierbei auf drei Kernbereiche: Aufklärung und Sensibilisierung, Unterstützung beim Zugang zu Menstruationsprodukten und die Verbesserung des Zugangs zu (sauberen) Toiletten und Sanitäreinrichtungen.